Full text: Lesebuch für obere Classen in katholischen Elementarschulen

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Kind jeden Tag etliche Stunden in die Schule, und je mehr Gu¬ 
tes das Mädchen lernte, desto treuer und fleißiger arbeitete es. 
Wie manche arme Waise 
Wankt einsam auf des Lebens Reise! 
Doch der Verlass'ne steht in fich'rer Hut; 
Ihm ebnet Gott des Himmelspfads Geleise — 
Der Weg des Herrn ist gut. 
* 81. Der treue Unterthan. 
Als die Franzosen im Jahre 1809 gegen Wien vordrangen, 
sollte ein Bauer der Führer einer Truppenabtheilung werden. Mit 
ihr gedachte der Feind durch einen Nachlmarsch einen wichtigen 
Plan auszuführen. Allein der Bauer war seinem Vaterlande und 
seinem Kaiser getreuer, als der Feind vermuthete. „Gott bewahre 
mich," sagte er, „das thue ich nimmermehr!" Heftig drang der 
französische Ofsicier, der den Vortrab befehligte, in ihn; aber der 
Bauer blieb bei seiner Weigerung. Der Ofsicier bestürmte ihn mit 
Versprechungen, er bot ihm sogar einen vollen Beutel mit Gold an, 
Alles vergebens. — Inzwischen langte der Hauptzug der Feinde an, 
und ihr General war sehr erzürnt, den Vortrab noch hier zu 
treffen. Als er erfuhr, daß der einzige des Weges kundige Mann 
sich durchaus nicht bewegen lasse, ihr Wegweiser zu sein, ließ er 
den Bauer vorführen. „Entweder", rief ec ihm zu, „du zeigst uns 
den rechten Weg, oder ich lasse dich erschießen!" — „In Gottes 
Namen!" erwiderte der Bauer, „so sterbe ich als treuer Unterthan 
meines Kaisers und brauche nicht Landesverräther zu werden." Da 
reichte ihm der erstaunte General die Hand und sprach: ,,Geh'heim, 
wackerer Mann, wir wollen uns ohne Führer behelfen!" 
* 32. Der brave Sohn. 
In dem Regiments des berühmten, von Friedrich dem Gro¬ 
ßen hochgeehrten Generals von Ziethen stand ein Rittmeister, mit 
Namen Kurzhagen. Ec war klug, tapfer und hatte ein kindliches 
Gemüth. Seine Eltern waren arme Landleute im Mecklenburgi¬ 
schen. Mit dem Verdienstorden auf der Brust rückte er nach Be¬ 
endigung, des siebenjährigen Krieges in Porchim ein. Die Eltern 
waren von ihrem Dörfchen nach der Stadt gekommen, um ihren 
Sohn nach Jahren wiederzusehen, und erwarteten ihn auf dem 
Markte. Als er sie erkannte, sprang ec rasch vom Pferde und um¬ 
armte sie unter Freudenthränen. Bald darauf mußten sie zu ihm 
ziehen und aßen allezeit mit an seinem Tische, auch wenn er vor¬ 
nehme Gäste hatte. 
Leseb. f. ob. Cl., 26. Ausl. 
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