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Wie ftoh war, da er mich verließ,
Wie dankbar seine Miene!
Ach! schon sein stummer Dank bewies,
Wie sehr er es verdiene.
Die Wonne, Dürst'gen beizusteh'n
Hatt' ich noch nie empsimden,
Und noch kein Albend war so schön.
Wie dieser, mir verschwunden.
SS. Der deutsche Knabe.
Ich bin ein deutscher Knabe und kann mich dessen freu'n.
Ein deutscher Mann ist redlich, auch ich will redlich sein.
Mein Wort sei stets der Wahrheit treu, auf daß ich zu erkennen sei.
Ich bin ein deutscher Knabe und hasse Heuchelei!
Ich bin ein deutscher Knabe und darf mich dessen freu'n.
Ein deutscher Mann ist ehrlich, auch ich will ehrlich sein.
Gerechtigkeit nur sei mein Ruhm, zu ehren ftemdes Eigenthum.
Ich bin ein deutscher Knabe, Recht ist mein Heiligthum.
Ich bin ein deutscher Knabe und will mich dessen freu'n.
Mich dabei zu erhalten, das wolle Gott verleih'n!
Und werd' ich größer, soll mein Muth auch zeugen frei von deutschem Blut,
Bon deutscher Ehr' und Treue und bleibend innerm Gut.
S6. Das Rothkehlchen.
Ein Rothkehlchen kam in der Strenge des Winters an das
Fenster eines frommen Landmannes, als ob es gern hinein möchte,
Da öffnete der Landmann sein Fenster und nahm das zutrauliche
Thierchen freundlich in seine Wohnung. Nun pickte es die Bro¬
samen und Krümchen auf, die von des Landmannes Tische sielen.
Auch hielten dessen Kinder das Vöglein lieb und werth. Aber als
nun der Frühling wieder in das Land kam und die Gebüsche sich
belaubten, da öffnete der Landmann seine Fenster, und der kluge
Gast entfloh in das nahe Wäldchen und baute sein Nest, und
sang sein fröhliches Liedchen. Und siehe, als der Winter wieder¬
kehrte, da kam das Rothkehlchen abermals in die Wohnung des
Sandmannes und hatte sein Weibchen mitgebracht. Der Landmann
aber sammt seinen Kindern freuten sich sehr, als sie die beiden
Thierchen sahen, wie sie aus den klaren Aeuglein zutraulich um¬
berschauten. — Und die Kinder sagten: „Die Vögelchen sehen
uns an, als ob sie uns etwas sagen wollten!" Da antwortete
der Vater: „Wenn sie reden könnten, so würden sie sagen:
Freundliches Zutrauen erwecket Zutrauen, und Liebe erwecket Ge¬
genliebe."
S7. Der Klügste gibt nach.
Herr Gutmann sah auf einem Spaziergangs in einem Hohl¬
wege zwei Fuhrleute sich einander entgegenfahren. Auszuweichen
war auf keiner Seite möglich, und doch fuhren beide so auf ein¬