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zu bekommen! Was gab er dir dafür? — W. Nichts. Er bot
mir Anfangs eine kleine Summe an, ich schlug sie aber aus,
weil mir das Grundstück überhaupt nicht feil war, und er nahm
mit Gewalt, was er nicht kaufen konnte.
R. Hast du ihm deine Noth nicht vorgestellt? — W. Ob ich’s
habe ?! 0, ich habe geweint, gefleht, ich habe gesprochen, was
Schmerz, Angst und Verzweiflung nur sprechen können; und er
hat mich -
R. Nicht erhört? — W. Fortgestossen!
R. Weib, gib mir diesen Esel und diesen Sack auf wenig
Augenblicke und folge mir von Weitem nach. Ich will versuchen,
was ich ausrichten kann; ich gelte etwas beim Kalifen. Wo
ist er jetzt ? — W. Eben auf jenem Landstücke, das ich sonst
mein nannte. Aber was soll dir der Esel und dieser Sack?
R. Lass mich nur und komme! — Glorwürdiger Herrscher.
Kalif. Ah, willkommen! Ich habe dich lange nicht an mei¬
nem Hofe gesehen. Woher jetzt? ■— R. Von einer armen Frau,
der ehemalige« Besitzerin....
K. Still, ich errathe, was folgen soll und was ich nicht hö¬
ren will. Warum ist das Weib so starrsinnig gewesen und hat
mir den Acker nicht gegen Geld gegeben? Nun ist sie für ihre
Thorheit gestraft. — R. Das Weib will auch nicht die Wieder¬
erstattung ihres ehemaligen Gutes, sondern nur ein geringes An¬
denken davon.! Wolltest du mir gestatten, hier diesen Sack mit
Erde von dem gegenwärtigen Boden anzufüllen?
K. Herzlich gern, und wenn es zehn Säcke wären. Hier liegt auf-
geworfeneJErde genug. Bald wirst du dieses Stück Land nicht mehr
kennen; denn ich will einen Sommerpalast her bauen und einen
Thurm, von dem aus man die ganze Gegend wird übersehen können.
— R.Nun ist es geschehen. Aber ich habe jetzt noch eine Bitte an
dich, glorreicher Kalif, die weit geringer ist, als meine erste.
K. Nur heraus damit! — R. Wolltest du mir nicht diesen Sack
auf mein^Thier heben helfen?
K. Was^fällVdir ein? Das wird sich besser für einen meiner
Diener schicken, als für mich, und überdies ist mir der Sack
viel zu schwer. — R. Zu schwer ? Schon dieser einzige Sack
voll Erde ist dir zu schwer ? Wie wird dich erst der ganze Acker
in der Ewigkeit drücken! Du bist erhaben über deine Untertha¬
nen und kannst thun, was du willst. Aber je höher du stehest,
desto schwerer wird deine Verantwortung sein.
K. Rufe*die Witwefher ! Von dieser Stunde an gehöre ihr
der Acker wieder zu,^und zur Vergeltung ihrer Thränen doppelt