Full text: Neuer christlicher Kinderfreund

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einen Ort, sei es auch der heiligste auf Erden, gebunden 
sei; die Türken bedrängten unaufhörlich dasselbe, eS kamen 
zwar immer neue Züge — man zählt deren sechs — von 
mächtigen Fürsten und Königen angeführt, zur Hilfe heran, 
unter denen sich auch einmal 50000 französische und deutsche 
Knaben befanden, aber was sie augenblicklich gewannen, 
ging bald wieder verloren. Beinahe 200 Jahre (1006 — 
1271) haben die Kreuzzüge gedauert und über sechs Millio¬ 
nen Christen sind dabei umgekommen, ohne daß es gelang, 
Jerusalem zu behaupten. Indeß haben diese Kreuzzüge doch 
ihren Nutzen gehabt, indem die Bekanntschaft mit den frem¬ 
den Ländern, in welche man durch sie kam, einen mächtigen 
Umschwung im ganzen öffentlichen und häuslichen Leben der 
Völker hervorbrachte. Aber das Heil der Seelen wurde da¬ 
durch wenig gefördert. Es hat zwar etwas Rührendes, zu 
sehen, wie die Leute für ihres Heilandes Ehre Leib und 
Leben, Gut und Blut wagten: aber es war ein falscher Ei¬ 
fer ; man verwechselte Irdisches und Himmlisches; man setzte 
sein Vertrauen auf ein menschliches Werk; man hoffte die 
Seligkeit von eignem Verdienst; inan gerieth immer tiefer 
in verderblichen Aberglauben; man verlor immer mehr den 
lebendigen Christus, indem man ihn in seinem leeren Grabe, 
in todten Werken suchte, und es war hohe Zeit, daß Gott 
seiner bedrängten Kirche zu Hilfe eilte. 
8. 8. Die Vorläufer der Reformation. 
Wenn man so hört, wie es unter dem Papstthum in 
der Christenheit hergegangen, sollte man fast meinen, die 
wahre Kirche Christi sei gänzlich abhanden gekommen gewe¬ 
sen. Dem aber war nicht so. Erstlich hat es selbst unter 
Denen, welche sich zur Lehre des Papstes bekannten, viele 
fromme Herzen gegeben, die bei mancherlei Irrthum doch 
einen einfältigen Glauben an ihren Heiland bewahrten und 
einen rechtschaffenen Wandel vor ihm führten, wie z. B. 
ein Bernhard von Clairvaux. Sodann hat es auch nimmer 
an ganzen großen Gemeinden gefehlt, welche mitten unter 
den Verderbnissen des Papstthums die reine apostolische 
Lehre bewahrten, und mit Wort und That gegen die Irr¬ 
thümer und die Sünden der herrschenden Kirche zeugten. 
Ihre Geschichte ist sehr dunkel, weil sie sich vor den Ver¬ 
folgungen dieser Kirche sehr im Verborgenen halten mußten. 
Sie kommen unter sehr verschiedenen Namen vor, der älteste 
ist der der Waldenser« Diese wohnten in Oberitalien
	        
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