Das Beginnen einer neuen Umgest. Europa'-. 475 
8. Das Beginnen einer neuen Umgestaltung Europa's. 
Durch die Völkerwanderung und ihre erschütternden Folgen war 
das Abendland in Barbarei und Unwissenheit versunken. Selbst Fürsten 
konnten gewöhnlich weder schreiben noch lesen, wie z. B. Karl d. G. 
Karls Lehranstalten geriethen auch größtenteils wieder in Verfall, 
und nur in den Klöstern fanden sich noch einige Kenntnisse. Zn Con- 
stantinopel jedoch und unter den Arabern hatten die Wissenschaf¬ 
ten noch ihre Sitze. Das dort verbreitete Licht wirkte auch auf die 
übrigen Länder. Schon seit der Mitte des 10. Jahrhunderts suchten 
nämlich christliche Europäer auf der arabischen Hochschule in 
Cordova in Spanien Unterricht und Bildung. Die Kreuzzüge führ¬ 
ten dabei dem Abendlande von Constantinopel und Asien her 
die dort verbreiteten Künste des Friedens zu. Zm Anfange des 12. 
Jahrh, entstanden daher stark besuchte Lehranstalten in Bologna, 
Paris re. und nach dem Muster der letzteren die erste Universität 
in Deutschland, die zu Prag [1348], wo darauf Johann Huß, 
geweckt durch die Schriften des Engländers Wiclef, Lehren vor¬ 
trug, die, weil sie dem Papstthuine nicht günstig waren, ihm zwar 
den Tod zuzogen, aber nur desto mehr ganz Deutschland aufregten. 
— Neues Leben erhielten besonders die Wissenschaften, als gelehrte 
Griechen bei dem Andringen der Osmanen gegen Europa und 
nach der Eroberung Constantinopels sich nach Italien flüchteten und 
dort als Lehrer auftraten. Die neue Bildung des Abendlandes machte 
daher bald starke Fortschritte. — Dazu trugen besonders auch meh¬ 
rere Erfindungen ungemein viel bei. Schon die Verbreitung des 
Schießpulvers [um 1400] war von großem Einflüsse. Durch das¬ 
selbe und die damit zusammenhängende Erfindung der Feuerwaffen 
wurde nämlich das Kriegswesen völlig umgestaltet, und die rohe Ge¬ 
walt des Ritterthums, also das Faustrecht, welches auf persönliche 
Tapferkeit und auf die Burgen sich stützte, erhielt dadurch den 
stärksten Stoß. — Weit wichtiger war indessen die Erfindung der 
Buchdruckerkunst durch Johann Gutenberg aus Mainz [seit 
1436] und seine Freunde Peter Schösser und Johann Faust. 
Durch diese Kunst ward nun das Wissen der Gelehrten, welches sich 
sonst durch das mühsame und kostspielige Abschreiben der Bücher nur 
langsam ausbreitete, schnell zum Gemeingute. 
Wichtige Folgen hatte endlich die Erfindung und Anwendung der 
Magnetnadel, welche in Europa seit dem Anfange des 14. 
Jahrh, bekannt wurde. Mit Hilfe derselben konnte man nun Meer¬ 
fahrten auf dem großen Ocean wagen. Dieß führte zu Länderent¬ 
deckungen, durch welche man die Erde erst ganz kennen lernte. Den 
Hauptanstoß dazu gab der portug. Jnfant (Prinz) Heinrich, des¬ 
halb der Seefahrer genannt. Dieser wandte zuerst die Magnet¬ 
nadel auf die Schifffahrt an und begann den Plan auszuführen, durch 
Umschiffung Africa's unmittelbar zu den Schätzen Indiens zu 
gelangen. Seine Seeleute, welche mit dem Aufsuchen dieses Weges
	        
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