Der menschl. Körper. 
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Was? Mühlarzt? versetzte Meister Ambach. Das alles muß ein 
tüchtiger Müller eben so gut wissen! Wär' es nicht Spott und 
Schande, Jahr aus mib ein mit einer Maschine zu arbeiten, ohne sie 
genauer zu 'kennen? und wie wollt' ich denn das Werk mit Vor¬ 
sicht gebrauchen und kleinen Mängeln abhelfen, wenn ich nicht so viel 
verstände? 
Bravo! sagte Herr Richard. Aus eben dem Grunde erklär' ich 
auch meinen Kindern den kunstreichen Bau deö menschlichen Körpers. 
„Wär' es nicht Spott und Schande," sag' ich zu ihnen, „Jahr aus 
und ein mit den Händen dieser herrlichen Maschine zu arbeiten, mit 
ihren Zähnen zu mahlen, mit ihrem Magen zu verdauen, mit ihrer 
Lunge zu athmen, mit ihren Füßen zu gehen, mit ihren Augen zu 
sehen, mit ihren Ohren zu hören, mit ihrer Zunge zu sprechen und 
zu schmecken/ mit ihrer Nase zu riechen und mit allen ihren Theilen 
zu fühlen, ohne sich näher um die wunderbare Beschaffenheit dieses 
göttlichen Meisterstücks zu kümmern? Wie könnt ihr cuern Körper 
mit Vorsicht gebrauchen und schonen oder bei kleinen Übeln berathen, 
wenn ihr ihn auch nicht einmal oberflächlich kennt? Jeder verstän¬ 
dige Müller ist mit seiner Mühle bekannt, weiß vorsichtig mit ihr um¬ 
zugehen und Kleinigkeiten an ihr wiederherzustellen, — und ihr solltet 
in Ansehung der Kunstmaschine, in der ihr lebet und webet und aus 
der ihr erst im Sterben herausgeht, unwissender bleiben? Nein, das 
darf und soll nicht sein!"-Und ihr glaubt nicht, liebe Nachbarn, 
mit welcher gespannten Aufmerksamkeit die Kinder mir zuhören, wie 
viel Veranlassung sich da findet, durch allerlei Fragen über Mittel 
und Endzweck, über Ursache und Wirkung ihren Beobachtungsgeist 
und alle Denkkräfte zu wecken, und wie gerührt wir oft von Gottes 
Macht, Weisheit und Güte sind, wenn wrr am Schlüsse einer solchen 
Unterhaltung mit einander anstimmen: 
Dir, Gott, sei Preis und Dank gebracht, 
Dich rühme Harf' und Psalter! 
Ich bin ein Wunder deiner Macht, 
Mein Schöpfer und Erhalter! w. 
Die ganze Versammlung verstummte, und niemand wagte es mehr, 
ein Wort einzuwenden gegen Richards Belehrung vom Baue des 
menschlichen Körpers. 
Ein Wort geredet zu seiner Zeit, ist wie goldene Äpfel in 
silbernen Schalen. Spr. Sal. 23, 11. 
Der menschliche Körper *). 
Kinder, ich stehe hier aufrecht vor euch, sagte Herr Richard. Meine 
Beine tragen den ganzen Rumpf nebst dem Kopfe und den oberen 
*) Die weitere Ausführung enthält das Handbuch zum Denkfrcunde im 
1. Bande der neuen Aufl. von S. 309—444.
	        
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