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Der menschl. Körper. 
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Unverdaulich sind ferner alle zu fette Sachen, desgleichen die 
Pilze oder Schwämme und, wie sich von selbst versteht, alle zu harte 
Körper, z. B. Steine von Kirschen, Pflaumen re. 
Solltet ihr aber glauben, Kinder, daß es gleichwohl Menschen gibt, 
die um's Geld oder zur Stillung ihrer unmäßigen Eßlust die aller¬ 
unverdaulichsten Sachen, z. B. Kieselsteine, zu sich nehmen? Zu 
welch einer unglaublichen Freßfähigkeit hatte es doch der bekannte 
Vielfraß Jacob Kahle gebracht, welcher 1754 zu Wittenberg starb. 
Man erstaunt über die ungeheure Menge Speisen, welche er zu sich 
nehmen konnte. Es war ihm eine Kleinigkeit, 400 bis 500 Pflaumen 
sammt den Kernen auf einmal zu essen. Ja eimnal fraß er sogar 
einen ganzen Scheffel Kirschen mit den Kernen, ein andermal einen 
Hammel mit Fett und^ Knochen zum Mittagbrote, nachdem er zum 
Frühstücke schon ein Spanferkel zu sich genommen hatte. Aber auch 
ungenießbare Dinge waren Gegenstände seiner Freßgier; er verschlang 
irdene (Schüsseln und Teller mit den darauf befindlichen Speisen, 
Glas, Porzellan, Schiefer, Kieselsteine, Ratten, Mäuse, Eulen, Rau¬ 
pen u. s. w., Schreibzeug sammt Dinte, Streusand, Feder und Feder¬ 
messer. — Ein solcher Mensch starb auch im Jahre 1771 zu Jhlefeld. 
Er war aus Passau gebürtig und hieß Joseph Kolnicker. Seine 
Mutter und Großmutter verschluckten schon, um den zu sehr ausge¬ 
weiteten Magen zu füllen, Kieselsteine. Das that auch der junge 
Kolnicker. Als er einmal nach Holland reisen mußte und auf dem 
Wege erfuhr, daß er da keine Kieselsteine antreffen würde, nahm er 
aus Deutschland ein Säckchen voll mit und schleppte es auf dem 
Rücken bis nach Holland. Überhaupt war er ein Vielfraß und soll 
einmal binnen 6 Stunden 2 ganze Kälber zu sich genommen haben. 
In seiner Jugend diente er als Soldat, wurde aber seiner an's 
Unglaubliche gränzenden Eßlust halben bei Einquartierungen immer 
für acht Mann gerechnet. 
Wolltet ihr auch wohl solche Kolnicker werden? — Was für Nach¬ 
theile haben die Vielfresser von ihrer Gefräßigkeit in Ansehung ihrer 
Gesundheit? ihrer Arbeiten? und ihres Vermögens? — Wodurch 
könnt ihr alle nach und nach Vielfresser werden? 
Da wir bisher des Magens und der Gedärme gedacht haben, so 
fallen mir darüber 
die natürlichen Ausleerungen 
überhaupt ein. Unter diese gehörtauch der Urin oder Harn. Nur 
mit ein paar Worten muß ich euch sagen, welche Bewandtniß es 
mit ihm habe. 
Die von den Saugadern aufgenomnwnen Säfte müssen, um durch 
so feine Röhrchen dringen zu können, sehr wässerig sein. In dieser 
Beschaffenheit aber würden sie unser Blut allmälich zu dünn und 
zu wenig nahrhaft machen. Daher sorgte die Natur dafür, daß ein
	        
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