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Bischof Thomas Becket einen zähen Widersacher. Auf ein zorni¬
ges Wort des Königs ermordeten 4 Edelleute den Erzbischof an
den Stufen des Hochaltars. Heinrich wurde in den Bann gethan;
seine Gattin hetzte seine eigenen Söhne zur Empörung auf, und
überall im Lande regte sich Zwietracht und Aufruhr. Da musste
der König nachgeben und reuig zum Grabe seines ermordeten Geg¬
ners pilgern. Ihm folgte sein ritterlicher aber harter und aben¬
teuersüchtiger Sohn Richard Löwenherz. Nach seiner Heimkehr
aus Palästina tödtete ihn ein Pfeilschuss bei der Belagerung eines
französischen Schlosses 1199. Sein treuloser und wankelmüthiger
Bruder Johann ohne Land gelangte durch den Mord eines
Neffen auf den Thron. Er verlor durch unglückliche Kriege alle
seine französischen Besitzungen. Im Kampfe mit dem Papste musste
er endlich sein Land von Jnnocenz III. zu Lehen nehmen. Nach
langem Hader mit seinen Unterthanen zwangen sie ihm mit den
Waffen in der Hand 1215 die Magna Charta, d. i. den großen
Freiheitsbrief, ab, der noch heute die Grundlage der englischen Volks-
freiheit und Staatsverfasfung ist.
Fragen: Was lockte die Dänen nach England? — Warum heißt
Alfred, „der Große"? — Aus welchen Elementen ist das engliche Volk
und die engliche Sprache entstanden?
47. Rudolf von Habsburg.
f 1273—1291.
1. S eine Wahl. Alle Welt war die traurigen Zustände
der kaiserlosen, der schrecklichen Zeit müde und wünschte einen kräftigen
Regenten an die Spitze. Da traten endlich die Fürsten zur Kaiser¬
wahl zusammen und suchten nach einem Manne, der nicht allzu be¬
gütert und mächtig, aber durch Thatkraft und Weisheit im Stande
sein füllte, die Ordnung wieder herzustellen. Der Erzbischof Werner
von Mainz wusste die Wahl auf den schweizer Grasen Rudolf von
Habs bürg zu lenken. Derselbe hatte ihn einst aus einer Reise
nach Rom durckj die Alpen geleitet. Bei Rudolfs Krönung in Aachen
war das Scepter vergessen. Da nahm er rasch besonnen das Kruzifix
vom Altar und sagte: „Das Zeichen, in dem die Welt erlöset ist,
mag auch wohl als Scepter dienen!"
2. Seine Kämpfe. Rudolf wusste sich bald überall Ach-
tung zu verschaffen. Alle Zeit und Krast widmete er der Wieder¬
herstellung geordneter Zustände in Deutschland. Um Italien küm¬
merte er sich nicht. „Ich sehe wohl die Fußstapfen derer, die glück¬
lich hineingekommen, nicht aber derer, die wohlbehalten wieder