Afrika — 
d ie Berberei. 
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den Padischah in Konstantinopel nur als Usurpator, der nicht einmal arabisch Blut, 
geschweige das „unseres gnädigen Herrn Muhammed" in seinen Adern hat. Trotzdem 
wird ihm nicht einmal überall in seinem Reiche gehorcht, verschiedene Stämme der 
bunten Bevölkerung haben sich unabhängig erhalten oder verweigern, wenn es ihnen 
beliebt, den Tribut. Selbst die Abstammung von dem Propheten machen ihm manche 
streitig, die sich ebenfalls diese Ehre zuschreiben, besonders in der Provinz Tasilelt. 
Die Regierungsform ist höchst despotisch und tyrannisch, wie man sie eben nur da findet, 
wo geistliche und weltliche Herrschaft in einer Hand vereinigt liegt. Die Sprachen der 
beiden Hauptelemente der Bevölkerung, nämlich der Araber (Arbi oder Rharbi, d. i. 
der vom Westland) und der Berber (Masigh Schellah) sind grundverschieden, wie sich 
überhaupt die beiden Völker, trotz des gemeinsamen Glaubens, heute noch völlig nnver- 
mischt gegenüberstehen, obgleich sie im Körperbau, sowie in Sitten und Lebensweise viel 
Übereinstimmendes haben. R o hlfs nimmt 2/3 Berber und Vs Araber ort und spricht 
den Berbern die Zukunft zu: sie seien bescheidener, hängen weniger an Religion wie 
die Araber, diese ächten Römlinge des Islams, nud lassen sich weniger von Religion 
beherrschen. Doch ist die Gesammtbevölkerung in Marokko, diesem letzten Reste arabischer 
Herrschaft, höchst fanatisch muhammedauisch, von barbarischem Hasse gegen Christen und 
Europäer erfüllt, weshalb das Land bis jetzt nur wenig und nur mit Lebensgefahr be- 
reist werden konnte; die katholische alleinseligmachende Religion in Spanien und die 
muhammedanische alleinseligmachende Religion in Marrokko stehen sich heute noch so 
feindselig gegenüber wie zur Zeit Ferdinand des Katholischen. — Orte: Fes (Fss), 
die düstere Hauptstadt des Landes mk 100000 E., zugleich die erste Handelsstadt mit 
bedeutendem Verkehr nach dem Süden und nach Europa. Gewerbthätig in Töpfer- 
waaren, Seidenschärpen, Waffen und europäischen Waaren; zugleich ein Hauptsitz mu- 
hammedanischer Gelehrsamkeit. Mekines (Mikussa), die schön gelegene Sommerresidenz 
des SultZns. Rabät am atlant. Meer, mit 30000 gewerbthätigen E., worunter viele 
Juden und Christen, hat modern südeuropäisches Aussehen und ist der Hafen für Fes; 
vor der Flußmündung jedoch eine Barre, weshalb nur kleinere Schiffe Zugang haben; 
lange Zeit Hauptsitz der Korsaren. An der Nordküste: Tanger, Aufenthalt der euro- 
päischeu Consuln und wichtiger Handelsplatz, von dem aus sich Gibraltar verprovian- 
tirt, obgleich die Bucht zu weit ist, um nur als Rhede gelten zu können und der kleine 
Hafen der Stadt 1684 von den Engländern zerstört wnrde. Tetnan, Hafen am Mit- 
telmeer; überhaupt hat die Mittelmeerküste zahlreiche Buchten, aber zu klein, um gute 
Häfen zu bilden; dagegen waren sie groß genug, um den Rifpiraten mit ihren kleinen 
Fahrzeugen Sicherheil zu gewähren. Die Festung Ceuta, Gibraltar gegenüber, 
Melilla und einige andere Küstenorte ohne allen Landbesitz, da dieser von den Ma- 
rokkanern wieder zurückerobert wurde, sind verödete Hafenplätze in spanischem Besitz. 
Bei Alkassar, südl. von Tanger, verlor Sebastian von Portugal 1578 Schlacht und 
Leben. Im südlichen Theile des Reiches: Marokko (Marräkesch, d. i. die Geschmückte) 
mit Residenzpalast des Sultüns und 50000 E., worunter l/i Juden, liegt 20 Meilen 
vom atlantischen Meere, ans einer 408 rn. hohen Ebene, und war sonst weil bevölkerter. 
Die Ufer des nahen Flusses Tensift und seiner Seitenbäche sind mit Oleandergebüsch 
bedeckt, und an der Nordseite der Stadt dehnen sich Palmen- und Olivenwälder aus. 
Unter diesen Palmen soll die Aussicht nach dem nur 3 Meilen entfernten Atlas, dessen
	        
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