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kann herausfaulen, desshalb stirbt er gerade noch nicht ab, aber
die Rinde kann er nicht verlieren, weil dann der Saft nicht mehr
zirkuliren könnte. Die Fortpflanzung der meisten Gewächse ge¬
schieht durch Samen und dieser gleicht den Eiern der Thiere,
Die Erde mit ihrer Feuchtigkeit brütet diese Sameneier aus und
gibt denselben sogleich Nahrung. Und so wie der übermässigen
Vermehrung der Thiere, durch Vertilgung eines Theils ihrer Eier
gesteuert wird, so ist es auch mit den noch zahlloseren Samen
der Pflanzen. Fielen alle Samenkörnlein in fruchtbares Land, und
gingen auf, so würde bald gar kein unbewachsenes Plätzchen mehr
auf der Erde sein, und kein Gewächs sich mehr recht ausbreiten
können. Allein es ist dafür gesorgt, dass nicht aus jeder Eichel
eine Eiche wird. Wie viele Samen vertrocknen auf der Oberfläche
des Bodens, wie viele vermodern aus Mangel an Luft! Wie viele
Früchte der Gewächse mit dem ihnen inwohnenden Samen werden
von Menschen und Thieren verzehrt! Endlich wie viele Keime
und Pflänzchen werden in ihrer ersten Jugend zerstört!
*78. Nützliche und schädliche Gewächse.
, Daß die Gewächse im Allgemeinen mehr nützlich als schädlich
sind, braucht nicht erst bewiesen zu werden. Wovon sollen die Thiere,
wovon die Menschen leben, wenn keine Gewächse den Boden bedeckten?
Wie traurig wäre der Anblick der Erde ohne das Grün und die übri¬
gen Farben der Bäume, Sträucher, Blumen und Graser? Wo fänden
wir Schatten, wo Material zu unseren Wohnungen und Geräthen?
Kurz, es läßt sich gar nicht sagen, Was wir all dem Pflanzenreiche
verdanken. Aber ohne Mühe und Fleiß würden wir freilich nur einen
kleinen Theil dieser Vortheile genießen. Die Gewächse wollen auch
von den Menschen gepflegt sein. Selbst die wild wachsenden werden
durch vernünftige Nachhülfe der menschlichen Hand schöner und edler,
wieviel mehr die zahmen, die ohne unsere Pflege gar nicht fortkämen.
Durch menschliche Sorgfalt sind die verschiedenen Sorten der Vaum-
und Feldfrüchte und des Obstes entstanden, ohne unser Zuthun trügen
die Apfelbäume noch alle Holzäpfel und die Birnbäume Feldbirnen.
Ohne Bemühung von unserer Seite wäre kein Gewächs über Berg
und Meer hin verpflanzt worden, wir hätten noch keine Kirschen, noch
keine Kartoffeln, noch keinen Klee. Selbst das GraS auf unseren
Wiesen wächst erst gut, wenn wir dieselben ebenen, düngen, wässern.
Gleichwohl gibt es noch Leute genug, welche Dies nicht einsehen und
dem lieben Gott Alles anheim stellen wollen, ohne selbst Hand anziü
legen. Wie eS der Ältervater (das Herrle) gemacht hat, so wollen
es die Enkel forttreiben, wollen sich um alle Verbesserungen in ande¬
ren Gewerben und Ländern nicht kümmern, wollen einen festen Termin
für die Saat und für die Ernte einhalten, während sich doch Saat und
Ernte nach der Witterung richten muß. Wären unsere Vorfahren
ebenso eigensinnig und einsichtslos gewesen — nun so wären alle
guten Einrichtungen des Landbaues, welche wir jetzt haben, nicht ge¬
macht worden, denn sie müssen doch auch einmal neu gewesen sein.
Man weiß ja noch die Zeit, wo es in Deutschland keine Kartoffeln,