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So ist eö wirklich in manchen Ländern. Der Isländer hält keine 
zahmen Gänse und Enten, weil er genug wilde töden oder ihrer Eier 
berauben kann. Aber bei uns würden solche wilden Vögel balv aus¬ 
gerottet sein. Kaum die Reichsten würden Eier kaufen können, wenn 
dw Hühner nicht in Höfen und Ställen unterhalten würden, sondern 
frei herumliefen. 
Auch würde weder das Fleisch noch das Haar der wilden Thiere 
so, brauchbar sein,, als das der zahmen. Der Jäger schießt das alte 
wie das junge Wild, das magere wie das fette, wenn er eö gerade 
trifft. Der Metzger hingegen kann das beste Vieh zum Schlachten 
auswählen. Die Wolle der wilden Thiere, welche dem Schaafe ähn¬ 
lich sind, ist meistens so rauh und straff, daß sie fast gar nicht ge¬ 
braucht werden kann. .Feine Wolle gedeiht nur unter der sorgfältigsten 
Pflege der Menschen. Die Jagd, auch die reichlichste, kann also ei¬ 
gentlich nicht ersetzen, Was uns die zahmen Thiere leisten. 
Viele Hausthiere nützen uns aber schon in ihrem Leben, ent¬ 
weder durch Darbietung täglicher Nahrung, wie alles..Milch-gebende 
Vieh, wie auch das Eier-legende Geflügel, oder durch Übernahme von 
Arbeiten an unserer statt. Es gibt Gegenden, wo die Menschen fast 
von nichts Anderem leben als von Milch und Milchspeisen. In den 
hohen Gebirgen z. B. der Schweiz würde kaum die Hälfte der jetzt 
vorhandenen Menschen ihren Unterhalt finden, wenn sie nicht Milch- 
nahrung hätten. Denn Brod gibt eö dort nicht, wo man keinen 
Pflug gebrauchen kann. Und so würden wieder manche kalten Inseln 
in der Nordsee nicht bevölkert sein können, wenn die Einwohner nicht 
durch die Milch ihres Rindviehs eine ständige Versorgung fänden. 
Auch die Bibel erzählt uns von den Hirten der uralten Zeiten, welche 
keine anderen Reichthümer kannten, als ihre Heerden. 
Noch weniger könnten die Lappländer in ihrem armen, kalten 
Lande eristiren ohne das Nennthier, das ihnen noch weit mehr leistet 
als uns die Kuh, und das sich mit geringem Moose als Futter be¬ 
gnügt, welches eö obendrein sich selbst unter dem Schnee herauö- 
fcharrt. Wenn es wahr ist, daß das Rennthier vor 2000 Jahren 
auch in Deutschland gelebt haben soll, so muß cs damals noch sehr 
unfreundlich in unserem Vaterlande gewesen sein, und wir haben eö 
jetzt viel bester, als unsere Vorfahren. Beide aber, das Rind und 
das Rennthier dienen auch als Zugvieh, helfen also dem Menschen 
an seiner Arbeit und zum Fortkommen. Freilich nimmt bei uns das 
Pferd unter den Thieren, die den Menschen tragen oder sein Fuhr¬ 
werk ziehen, den ersten Platz ein, allein nicht überall sind Pferde zu 
gebrauchen. In den Gebirgsgegenden zieht man der Sicherheit wegen 
die Esel und Maulthiere vor. In den heißen Sandebenen kommt 
nur das Kameel fort. Doch reitet man in Afrika auch auf Ochsen 
und in Asien auf Elephanten. Und in den südamerikanischen Gebir¬ 
gen ist eö wieder ein anderes Thier, das dem Menschen die Lasten 
tragen muß, das Lama. 
Das Wichtigste bleibt indessen doch die Hülfe, welche die Thiere 
dem Menschen bei dem Ackerbau leisten. Wie traurig stünde es um 
die Menschen, wenn sie den Pflug selbst ziehen müßten! Die schwere 
Arbeit würde sie selbst zu Thieren erniedrigen. Darum haben auch
	        
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