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». Das Jahr 1813. 
Seit dem Anfange des 19. Jahrhnnders war Deutschland in 
eine schmachvolle Abhängigkeit von Frankreich gerathen. Die Zwie¬ 
tracht der Deutschen hatte sich gestraft. Sie waren alle Sklaven des 
französischen Kaisers Napoleon, sie mußten ihm Hülfstruppen stellen, 
so oft er wollte, und unter seinem Befehle selbst gegen ihre Freunde 
und Bruder kämpfen. Wie viele Deutsche liegen in Spanien begra¬ 
ben, wohin sie der Eroberer in einen ungerechten Krieg geschickt hatte! 
Kein Spanier, kein Engländer, kein Russe hatte Deutschland beleidigt 
und doch mußten die Regimenter des Rheinischen Bundes, wie das 
verkleinerte und unterdrückte Deutschland damals hieß, gegen diese noch 
freien Völker die Waffen führen. Lange hatten es die deutschen Für¬ 
sten und Völker geduldet und die Erbitterung ihres Herzens im Stillen 
getragen. Denn jeder Versuch zur Befreiung war gescheitert. Da schlug 
endlich die Stunde der Erlösung. In Rußlands öden Schneegesilden 
hatte Napoleons Heer, womit er die Welt bezwingen zu können wähnte, 
seinen Untergang gefunden. Von einer halben Million Streiter, die 
er 1812 nach Moskau geführt hatte, kamen kaum 50,000 halb er¬ 
froren und verhungert zurück. Nun war aber auch die Kraft des 
mächtigen Tyrannen gebrochen, Gott hatte ihn gerichtet. Da erhob 
sich auch Deutschland wieder, um seine Freiheit zu erkämpfen. Zuerst 
Preußen unter seinem frommen König Friedrich Wilhelm III. Dieser 
erließ einen Aufruf an sein Volk, das verhaßte französische Joch zu 
zerbrechen und zu der alten Selbstständigkeit zurückzukehren. Da griff 
Alles, was jung und waffenfähig war, zu den Waffen. Zahlreiche 
Schaaren von Freiwilligen rüsteten sich selbst aus, und sammelten sich 
unter den preußischen Fahnen. Selbst Familienväter, ja sogar manche 
heldenmüthige Mädchen, reihten sich in die neuen Regimenter, und die 
Zurückbleibenden brachten Geld und Vorräthe zusammen, um den Krieg 
mit Erfolg führen zu können. Denn es galt noch einen harten Kampf 
mit den Franzosen und den mit ihnen verbündeten westlichen Deutschen 
und Italienern. Allein die Begeisterung für die gute Sache Deutsch¬ 
lands griff immer weiter um sich, und Gott gab Sieg in den Schlach¬ 
ten bei Großbeeren, an der Katzbach, bei Kulm, bei Dennewitz 
und hauptsächlich bei Leipzig am 18. Oktober 1813. Denn auch Öst¬ 
reich hatte sich unterdessen dem Bunde gegen Frankreich angeschlossen, 
auch Baiern, und Wer sich sonst stark genug fühlte, sich der Übermacht 
der Feinde zu erwehren. Denn alle Deutsche waren im Herzen ein- 
müthig, man müsse die Franzosen vertreiben und sich von einem frem¬ 
den Herrscher keine Gesetze vorschreiben lassen. 
Da kamen herrliche Heldenthaten zum Vorschein, da schonte man 
des eignen Lebens nicht, wenn nur das Vaterland befreit würde. Und 
schon im November 1813 war kein Franzose mehr dieffeits des Rhei¬ 
nes. Und so wie die Russen den Deutschen, so verhalfen nun die 
Deutschen auch der Schweiz, Holland, selbst Italien wieder zur Frei¬ 
heit von den Franzosen. Es war ein blutiges, aber auch ein herr¬ 
liches Jahr 1813, das Jahr der Wiedergeburt Deutschlands! Und die 
Eroberung von Paris und die Absetzung Napoleons im Jahr 1814 
setzten jenen Anstrengungen die Krone auf. In dieser Zeit der Be- 
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