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füllte, da wendete sich das königliche Heer zur Flucht. Allein das furcht¬
bare Gedränge auf dem Damm, die nachfahrenden Wägen, die Schwer¬
fälligkeit der gerüsteten Ritter, Alles bereitete ihnen Verderben. Die
flinken Dithmarschen mit ihren Hellebarden hatten nur drein zu schlagen
und die Besiegten ins Wasser zu stürzen. Selbst die tapfersten Ritter
gewannen hier Nichts mit ihren unpassenden Waffen, sie wurden zu Hun¬
derten erschlagen. Das Heer des Königs von Dänemark wurde an die¬
sem einen Tage vernichtet; nur schwache Reste entkamen. Die Beute der
Dithmarschen war unermeßlich. Mehr aber freute sich die neuerkämpfte
Freiheit. Denn lange lange blieben sie nun unangefochten, und auch
später behandelte man sie glimpflich, um ihren Unwillen nicht zu reizen.
31. Das Merzogthum Bpauiisehiveäg.
Ein Land noch nicht halb so gross als das Grossherzogthum
Hessen und mit noch nicht dem dritten Theile von dessen Bevöl¬
kerung, aber berühmt durch seine Fürsten in alter und neuer
Zeit. Sie stammen nämlich gleich den Königen von England und
Hannover von dem tapferen und mächtigen Herzog Heinrich dem
Löwen, welcher im 12. Jahrhundert der Nebenbuhler des deut¬
schen Kaisers war, und welcher in der Stadt Braunschweig begra¬
ben liegt. Unter seinen Nachkommen befanden sich nicht blos
heklenmüthige Männer, welche sich als Feldherrn auszeichneten,
sondern auch der edle Herzog Leopold, welcher sein Leben in
der Oder verlor, als er den von einer Überschwemmung Bedräng¬
ten Hülfe zu bringen suchte. Nicht minder haben einige braun¬
schweigische Fürsten sich um die Wissenschaften verdient gemacht,
unter andern auch durch die Gründung der Bibliothek zu Wolfen¬
büttel. Durch ihre Fürsorge besass das kleine Land auch eine
eigne Universität zu Helmstädt, welche später durch die Gewalt¬
herrschaft der Franzosen aufgehoben wurde. Die Hauptstadt des
Landes ist Braunschweig, eine sehr alte durch Fabriken und
Handel, insbesondere durch jährliche Messen belebte Stadt, fast
von der Grösse Bremens. Die vom Harz kommende Ocker,
welche die Stadt durchfliesst, ist für die Schifffahrt zu unbedeu¬
tend, dient aber zur Verschönerung der fruchtbaren Ebene. Das
1830 abgebrannte herzogliche Schloss wird jetzt durch ein weit
schöneres neues ersetzt. Das dem Herzog Friedrich Wilhelm er¬
richtete Denkmal, welcher als unerschütterlicher Feind der Fran¬
zosen sich mit einer geringen Anzahl Reiter aus Böhmen bis an
die Nordsee durchschlug und 1815 in der Schlacht bei Waterloo
siegend sein Leben verlor, ist für jeden Deutschen interessant.
|32. Der Herzog von Braunschweig in der Schlacht
bei Waterloo.
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Nachdem die Deutschen in Verbindung mit den Russen, Eng¬
ländern und Spaniern den Kaiser Napoleon besiegt und seines Reiches
entsetzt hatten, wurde demselben die kleine Insel Elba zum Wohnsitze
angewiesen. Tort hatte er aber keine Ruhe. Als er vernahm, daß