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Daß auch Esel und Ochsen als Thiere zum Reiten erwähnt wor¬
den sind, wundert nur Den, welcher nicht weiß, daß der Esel in unserem
nördlichen Klima weit kleiner und langsamer ist als in warmen Län¬
dern, und daß es sich auch mit dem Rindvieh ähnlich verhält. Im
siidlichen Afrika reiten die Bauern fast durchgehends aus Ochsen und in
Spanien und Italien steht der Esel schon in ganz anderem Ansehen als in
Deutschland. Noch lieber aber reitet man dort aus Maulthicren, welche
ein Mittelding zwischen Pferd und Esel sind und mit der Raschheit des
Ersteren die Vorsicht des Letzteren verbinden. Auch bei uns ließe sich
mehr mit dem Esel ausrichten, wenn man das arme Thier nicht mi߬
handelte und seine Zucht nicht vernachlässigte.
9. Bucephalus.
Kein Pferd ist berühmter geworden als Bucephalus, das Schlacht¬
roß des Königs von Macedonien Alerander des Großen. Als dieser
nämlich noch als sechzehnjähriger Prinz an dem Hofe seines Vaters
lebte, brachte ein Mann ein Pferd von außerordentlicher Schönheit
zum Kaufe. Ungeachtet der Preis von 15000 Thalern dem Könige
gleich anfangs ganz übermäßig hoch erschien, so ließ er doch das Roß
vorführen und forderte die geschicktesten Reiter seines HofeS auf, es
zu probiren. Allein das Thier war so unbändig, daß keiner es zu
bändigen und zu lenken vermochte, so daß der König im Unwillen
ausrief: „Geht mir mit eurem Pferde, das keinen Vorzug hat als
seinen gewaltigen Kopf und seinen unsinnigen Preis. Ich weiß mein
Geld besser zu verwenden." Doch der junge Alerander, welcher bis
dahin aufmerksam zugesehen hatte, trat herzu und bat seinen Vater,
das schöne Roß noch nicht fortzuschicken, sondern ihm einen Ritt zu
erlauben. Der König willigte endlich wiewohl kopfschüttelnd ein. Und
siche der junge Prinz näherte sich dem stolzen Bucephalus, streichelte
ihn, wandte seinen Kopf nach der andern Seite hin, und hopp saß
er in dem Sattel. Pfeilschnell flog nun freilich das Roß davon, aber
sein junger Reiter wußte es zu lenken und kam bald zu seinem Vater
zurück, ohne daß Bucephalus sich weiter wiedersetzte oder sich beim
Aufsteigen noch störrig zeigte. Alerander hatte nämlich beobachtet, daß,
als die andern aufsteigen wollten, das Pferd vor seinem eignen Schat¬
ten scheute, und hatte deßhalb klüglich den Kopf desselben nach der an¬
deren Seite gerichtet.
Der König war über den Muth und die Klugheit seines Sohnes
so erfreut, daß er nicht nur den ungeheuren Preis ohne Abzug be¬
zahlte, sondern auch die merkwürdigen Worte ausrief: „Mein Sohn,
suche dir ein anderes Königreich, Macedonien ist für dich zu klein!"
Wirklich ward später Macedonien dem kühnen Alerander zu klein, er
eroberte fast ganz Asien und ritt nie auf einem anderen Rosse in die
Schlacht als auf seinem Bucephalus. Und als dieser endlich starb,
ließ ihn der König mit hohen Ehren begraben, und baute an dieser
stelle eine Stadt, welche er nach dem Namen seines treuen Rosses
benannte.