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einen Lehrling necken wollten. Zuletzt sagte der Meister, um den wil¬
den Burschen zu verderben: „Nun so schmiede dir denn ein Schwerd,
und mache die Probe damit an dem Lindwurme dort im Walde."
Siegfried war froh und schmiedete, daß das Haus erdröhnte, und daß
die Gesellen vor Furcht fortliefen. Als das Schwerd vollendet war,
sprang er hoch vor Freude und ließ sich von dem Meister den Auf¬
enthalt deö Ungeheuers zeigen; aber mitgehen wollte Niemand.
Bald traf der junge Held auch wirklich auf eine Quelle, woraus
er seinen Durst zu loschen gedachte, die aber von dem Lindwurm
schon besetzt war. Der Kampf dauerte nicht lange; bald lag der Kopf
deö Wurmes vor Siegfrieds Füßen, und das Blut rann in die Quelle
hinab. Da bekam Siegfried Lust, sich in diesem Blute zu baden, und
siehe, von dem Bad wurde seine Haut so fest wie Horn. Kein Pfeil,
kein Schwerd konnte eindringen, ein einziges Plätzchen zwischen den
Schultern ausgenommen, worauf beim Baden ein Lindeublatt gefallen
war. Dort blieb er verwundbar, und dort wurde er später auch wirk¬
lich zum Tode verwundet.
Siegfried kam nämlich später nach Worms, um den dortigen
König, seinen Schwager, zu besuchen. Die Königin zu WormS war
aber neidisch ans ihre Schwägerin, die den starken Siegfried zum
Manne hatte und dadurch reich an Ehren und Schätzen war. Deßhalb
stiftete sie einen ihrer Ritter an, Siegfried meuchelmörderisch umzu¬
bringen. Weil dieser aber den Fleck nicht wußte, wo man den Helden
verwunden konnte, so ging er zu dessen Gemahlin und spiegelte ihr
vor, er wolle den Helden im Kriege beschützen. „Sagt mir nur,"
sprach er, „wo Siegfried'ö Haut nicht hörnern ist, dann will ich be¬
ständig Acht geben, daß ihn dort keine Lanze und kein Pfeil treffen
kann." Die zärtliche Frau ließ sich bethören, entdeckte ihm das Ge¬
heimniß, und nähte sogar ein rothes Kreuzchen über dem gefährlichen
Plätzchen in Siegfried'ö Kleid. Nun wurde eine große Bären- und
Eberjagd im Walde zwischen Worms und der Bergstraße gehalten,
und als Siegfried sich recht durstig nach einer Quelle bückte, stieß ihm
der Mörder eine Lanze an dem rothen Kreuzchen in den Rücken, und
Siegfried wurde als Leiche nach Worms gebracht. Sein Mörder
und Alle, die um die schändliche That wußten, fanden aber später
ihren Lohn. Andere Helden rächten Siegfried'ö Tod.
182. Bingen; der Mäusethurm.
Da, wo der Rhein nach seiner westlichen Krümmung das schöne
Rheingau verläßt, und sich eine engere Bahn durch das Gebirge hin¬
durchbricht, liegt das Städtchen Bingen. Die Schönheit der Gegend,
welche noch durch die darin liegenden alten Burgen erhöht wird,' lockt
während des Sommers Fremde aus allen Ländern nach Bingen, und
viele wählen die Rheinbäder der Stadt blos wegen der Annehmlich¬
keit der Umgebung. Der Fremde läßt sich dann auch erzählen von
den Gefahren des verrufenen Binger Lochs, welches früher manches
Schiff in seine strudelnden Gewässer zog, jetzt aber ohne alle Schwie¬
rigkeit befahren wird. Der Thurm, welcher gleich oberhalb dieser
Stelle, mitten in dem Rhein steht, intereffirt schon durch seinen Namen.