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wurde, daß auch ich einmal jung gewesen, und so sagte
ich zu. Da hättet Ihr die Freude des lieben Kindes
sehen sollen; es fehlte wenig, und sie wäre mir um den
Hals gefallen und hätte mich alten Klosterbruder geküßt.
Und sie händigte mir dieses Briefleiu ein, das ich hier¬
mit in Eure Hände niederlege. Mir aber, junger Herr,
gebühret jetzt wohl ein Botenlohn; gestattet daher, daß ich
auf Eurem Schlosse einige Tage raste und alsdann meinen
Weg nach Fulda fortsetze."
Mit raschem Griff entriß Heinrich dem Mönche das
Schreiben, erbrach das Wachssiegel und überflog die
wenigen Zeilen. Da aber war es ihm, als ergösse sich
die ganze Seligkeit des Himmels mit einem Male über
sein Haupt. Er drückte das Papier an seine Lippen,
lachte und weinte in einem Atemzüge, las wieder und
wieder und brach endlich in den Jubelruf aus: „Ja,
Katharina, ich komme, ich befreie Dich! O Du mein
Glück, meine Seligkeit!" Der Klosterbruder stand staunend
dabei und schüttelte mit dem Kopse. „Junker, sprach er,
„Ihr scheint eine gute Nachricht erhalten zu haben; ge¬
wiß ist's die Liebste, die Euch geschrieben? O so muß
ich alter Klosterbruder noch zum Liebesboten werden, wozu
ich doch, wie mir scheint, tauge, wie der Esel zum
Lautenschlagen. Das hätte ich mir in meiner Zelle in
Lüneburg nicht träumen lassen!" Statt jeder Antwort
nahm Heinrich den Alten am Kopf und küßte ihn auf
beide Wangen; dann wirbelte er ihn einige Male wie
im Tanze mit sich herum, so daß dem an solch ungestüme
Bewegung nicht Gewöhnten schier Hören und Sehen ver¬
ging. Als er endlich den keuchenden und nach Luft
schnappenden Mönch auf dem moosigen Steine niedersetzte,
sagte er zu ihm: „Verzeiht, ehrwürdiger Vater, daß ich
meiner Freude einen so stürmischen Ausdruck lieh. O
wenn Ihr wüßtet, was in dem Brieflein steht, Ihr würdet
Euch mein Benehmen erklären. Aber habt Dank, tausend
Dank für Eure willkommene Botschaft, und nun kommt
mit mir auf mein Schloß. Ruhet Euch dort aus so lange
Ihr wollt, es soll Euch an nichts fehlen; und wenn Ihr