Full text: Lesebuch für evangelisch-lutherische Schulen

Die Kreuzzüge. 
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hieb ihm die Hand ab, und diese fiel mit dem Schwerdte zugleich 
auf die Erde. Man trug Rudolf aus dem Getümmel. Als mau 
ihm hierauf seine abgehauene Hand zeigte, soll er seufzend zu den 
umstehenden Bischöfeu gesagt haben: „Dieß ist die Hand, mit 
welcher ich einst Heinrichen, meinem Herrn, den Eid der Treue 
geschworen habe." Noch jetzt wird die verdorrte Hand Rudolfs im 
Dom zu Merseburg den Reisenden gezeigt. 
Die Kreuzzüge. 
. Jeder Menfch, dem etwas an seiner Seligkeit gelegen ist, und 
der seinen Gott und Heiland, Jesum Christum, von ganzem Herzen 
lieb hat, hört auch gern etwas von dem Lande erzählen, in welchem 
der Herr nmhergewandelt ist und wohlgethan hat und gekreuzigt 
und begraben wurde. Das haben die Frommen schon von jeher 
gern gehört, und diejenigen, welche es konnten, sind schon in den 
frühesten Zeiten nach dem heiligen Lande gereist und haben in 
Gethsemane unb auf Golgatha gebetet und sich des erinnert, was 
dort für sie geschehen ist, Nach und nach thaten es aber auch 
Manche, weil sie meinten, Gott werde ihnen dann gnädiger sein, 
als daheim, und das war nicht gut. Denn Gott will uns um 
Christi willen die Sünden vergeben, und nicht um einer Reise 
willen. Sv lange die Christen in Jerusalem herrschten, waren solche 
Pilger natürlich willkommen. Auch als die Araber die heilige 
Stadt einnahinen, wurde»! diese Wanderer immer noch freundlich 
behandelt. Als aber die rohen Türken Jerusalem erorberten, änderte 
sich das sehr. Die Pilger »vurden verlacht, verspottet, geschimpft, 
geschlagen. Und »venn sie in die Kirche zum heiligen Grabe geben 
wollten, mußte jeder von ihnen »vohl dreißig Thaler au die hab¬ 
süchtigen Türken bezahlen, gerade, »vie es noch jetzt ist. Das be 
trübte die Pilgrime. Wehklagend karnen sie nach Europa zurück 
und erzählten von den: Ia»n»ner in Jerusalem. Im Jahre 1095 
kam auch der französische Einsiedler Peter von Amiens 
zurück, ging zum Papste U r b a n U. und sagte: „Heiliger Bater, 
ich komlne gerades Wegs vor» Jerusalem und habe in der heiligen 
Stadt großen Ianuner und Noth gesehen. Und als ich dort bitterlich 
darüber »veinte, erschien mir der Heiland in» Traume und forderte 
mich auf: „Eile in deine Heimath und »vecke die Gläubige»! auf 
zur Reinigung der heiligen Oerter!" Eilig kehre ich zurück und 
»varte nun Deiner Befehle!" „Gut, sagte der Papst, so reise 
umher und fordere die Menschen auf, sich zu vereinen und das 
heilige Grab den Ungläubigen zu entreißen!" Und nun setzte sich 
Peter, obwohl lahin, in grobe»n, wollenen Mönchsrvck, einen Strick
	        
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