Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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Landstraßen oder Chausseen (spr. Schosseen). Einige Orte lie¬ 
gen nahe zusammen, andere weit von einander entfernt. Die Ent¬ 
fernung eines Ortes von dem andern wird nach der Zeit berechnet, 
die ein mäßig schreitender Mensch gebraucht, um den Weg von dem 
einen Orte nach dem andern zurückzulegen. Diese Entfernung wird 
in Stunden ausgedrückt. An einer Seite der Landstraßen sieht man 
steinerne, mit Zahlen beschriebene Säulen, welche gewöhnlich eine 
Viertelstunde weit von einander entfernt stehen und Stundensteine 
heißen. Auf denselben ist durch Zahlen genau angegeben, wie viele 
Stunden die Entfernung eines Ortes vom andern beträgt. Da, wo 
zwei oder mehrere Wege auseinandergehen, steht gewöhnlich ein Hand¬ 
zeiger oder Wegweiser, worauf man lesen kann, wohin jeder Weg 
führt, und wie wett man noch von dem nächsten Orte entfernt ist. 
Auf den Landstraßen sieht man viele Fußgänger, Karren und 
Wagen. Hier rasselt ein Postwagen an uns vorüber, mit 2, 3 
oder 4 Pferden bespannt und einem Postillon (spr. Postilljong) auf 
dem Bocke. Dort kommt ein großer Güterwagen mit breiten Rä¬ 
dern; er ist mit einem weißen Leintuche überzogen. Vier und oft 
noch mehr Pferde können ihn nur langsam von der Stelle ziehen, so 
schwer ist er mit Waaren beladen. Das Dröhnen eines solchen 
Wagens, das Geklingel der Schellen an den Pferden und das Klat¬ 
schen der Fuhrleute mit ihren Peitschen kann man oft schon in der 
Ferne hören. Besonders lebhaft ist es aber auf den Landstraßen, wenn 
in einem benachbarten Orte Wochen- oder Jahrmarkt gehalten 
wird. Da sieht man Fußgänger, die einen Trag korb auf dem Rücken 
haben oder einen Schiebkarren vor sich herdrücken, um ihre Waaren 
zum Markte zu schaffen. Andere haben Hunde vor einen kleinen Wa¬ 
gen gespannt. Weiber tragen Körbe auf ihren Köpfen, m welchen sie 
Butter, Eier, Kirschen und andere Sachen zur Stadt bringen; Vieh¬ 
händler treiben Kühe, Schweine u. s. w. langsam weiter. 
Es ist sehr gut, daß man auf guten Wegen von einem Orte zum 
andern kommen kann. Denn in der einen Gemeinde gewinnen die 
Bewohner durch Acker- oder Bergbau oft nur Naturprodukte, 
während in anderen Gemeinden meistens nur Kunstproducte aller Art 
verfertigt werden. Nun können die Bewohner der verschiedenen Ge¬ 
meinden ihre überflüssigen Produkte jeder Art leicht nach denjenigen 
Orten hinschaffen, wo die Bewohner diese Produkte sich nicht selbst 
ziehen oder verfertigen können. Hier werden sie verkauft, und so wird 
mit den Natur- und Kunstprodukten Handel getrieben. Für 
Geld können die Menschen sich nun alle Lebensbedürfnisse: ihre 
Speisen und Getränke, die Stoffe zu ihrer Kleidung und die 
Materialien zum Bau ihrer Häuser, ihre Brenn-Materialien 
u. s. w. auch aus weiter Ferne verschaffen. Diejenigen Arbeiten, 
wodurch die Menschen sich das nöthige Geld erwerben, um sich dafür 
ihre Bedürfnisse zu kaufen, nennt man die Erwerbsquellen der Menschen.
	        
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