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v>on seinen Soldaten und Freunden, daß sie nach morgenländischer Sitte vor ihm
niederknieen sollten. Einst bei einem Schmause erhoben Schmeichler die Thaten
Alexanders über die Thaten der berühmtesten Helden der Vorzeit. Nur Klitus,
der dem Könige im Granikus das Leben gerettet hatte, stimmte nicht ein, sondern
setzte die Thaten Philipps, des Vaters Alexanders, über die Thaten des Sohnes.
Da erhob sich Alexander finster von seinem Sitze; sein Auge funkelte vor Zorn^
alle zitterten für das Leben des Klitus und führten ihn eiligst hinaus. Doch er
trat wieder in dm Saal und behauptete noch heftiger seine Aussage. Da gerieth
Alexander in Wuth, riß einem Trabanten die Lanze aus der Hand und erstach den,
der ihm das Leben gerettet hatte. Kaum aber war die blutige That geschehen,
so kam er wieder zur Besinnung. Er entsetzte sich, weinte laut, lag drei Tage
und drei Nächte in seinem Zelte ohne Speise und Trank und rief unaufhörlich
den Namen Klitus. Die Soldaten wurden unruhig.' „Wer wird uns aus diesem
feindlichen Lande nach Hause führen, wenn Alexander nicht mehr ist?" so jammerten
sie. Seine Feldherren aber trösteten ihn, und so kam er denn endlich wieder
hervor zu seinem Heere. Doch seine Reue war nur von kurzer Dauer. Darum
folgten ihm seine Macedonier nur mit Unwillen.
Hierauf eroberte Alexander noch das reiche Indien. Als er aber damit noch
nicht zufrieden war und bis an das Ende der Welt vordringen wollte, wurden
seine Soldaten unmuthig und empörten sich. Nicht einen Schritt wollten sie weiter
vorwärts. Alexander versuchte noch einmal, sie zu weitern Siegen zu ermuntern,
aber vergeblich I Da mußte er sich zur Rückkehr entschließen. Er theilte das Heer
in zwei Theile: die eine Hälfte machte den Weg zu Wasser unter einem geschickten
Admiral; die andere Hälfte führte Alexander zu Lande zurück. Unter unsäglichen
Beschwerden und Entbehrungen kam er zu Babylon an, das er zur Hauptstadt
seines.Reiches machen wollte. Allein mitten in seinen großen Plänen ereilte ihn
der Tod. Ein hitziges Fieber, die Folge seiner Anstrengungen, aber noch mehr der
Schwelgereien, denen er sich überließ, überfiel ihn, und bald war alle Hoffnung zur
Genesung verschwunden. Die Feldherren standen wehmüthig um sein Lager und
reichten ihm die Hände. Zuletzt fragten sie ihn, wen er zu seinem Nachfolger
bestimme. Er antwortete: „Den Würdigsten." Hierauf verschied er in einem
Alter von 33 Jahren. Sein großes Reich theilten seine Feldherren unter sich.
7. Roms Ursprung.
(754 v. Chr.)
In dem schönen Lande Italien lag vor grauen Jahren eine Stadt,
die hieß Alba longa, und ein König herrschte darin, mit Namen
- Numitor. Numitor hatte aber einen bösen Bruder, Amulius. Dieser
wollte gern König sein und stieß daher den Numitor vom Throne,
brachte besten Sohn um, und ließ, als Numitors Tochter Zwillinge
gebar, diese in einer Badewanne auf den Tiberfluß setzen, daß sie
ertränken. Aber ste ertranken nicht, sondern die Wanne blieb am Ufer
stehen. Die Knäblein weinten bitterlich. Das hörte eine Wölfin, lief
herbei, und — war barmherziger als der Großoheim. Sie legte sich
auf die Knaben und säugte sie. Nach einiger Zeit kam ein Hirt des
Weges und sah die Wölfin und die Knaben, welche bei der Wölfin
lagen — jagte diese fort und nahm jene mit, brachte ste seiner Frau,
zog ste auf und nannte sie Romulus und Remus. Da mit der
Zeit aus den Knaben große, schöne Jünglinge geworden waren, fragte
ste einmal ihr Pflegevater: „Nicht wahr, ihr meint, ich ,sei euer Vater?
— Es ist aber nicht also. Ihr seid Prinzen. Der arme Numitor ist
euer Großvater, und Amulius hat ihn abgesetzt!" Das betrübte die