So wie aber diese Musterstücks nicht bloß einen einseitigen sprach li chen Zweck haben, son¬
dern nach des Herrn Verfassers eigenen Worten „auch zur Ratursinnigkeit hinführen und der
religiösen Bildung förderlich sein sollen" — so bezweckt das übrige gesammte Unterrichts¬
material des „Lehr- und Lesebuches" nicht so sehr nur die Übereignung sogenannter Realien: der
Geographie, der Naturbeschreibung, Naturlehre, der Geschichte, der Himmels-
kunde, der Anthropologie und Psychologie, sondern es tritt dieses Material vielmehr
auch in den Dienst des höhern Zweckes der Geistesbildung des Schülers; denn, alles
Materielle soll dem Jugeudunterrichte nur als Mittel dienen, die Geisteskräfte der Schü¬
ler zu wecken, zu entwickeln und zu üben. Hiermit soll jedoch keineswegs gesagt sein, daß
die Aneignung genannter Realkenntnisse als solche unnütz und daher überflüssig sei. Nein —
aber eben diese Aneignung wird — auch ohne abfichtliche Gedächtniß-re. Übungen — in dein
Grade um so bester gleichsam von selbst erfolgen, in welchem beide Zwecke alles Unterrichts: die
formale und reale Bildung Hand in Hand gehen. Das thun diese aber nur dann, wenn
die Auswahl, Anordnung und Behandlung des Stoffes die rechte ist: wenn der Unter¬
richt überhaupt in den Schülern den ganzen Menschen erfaßt — wenn er wahres, lebendi¬
ges, allseitiges Interesse an dem Lehrobjekte weckt, wenn er für das Wahre, Schöne,
Rechte und Gute die Köpfe hell. die Herzen warm und den Willen stark macht —
wenn er die heranwachsende Jugend schauen, erkennen und empfinden lehrt das richtige
Verhältniß zu den Dingen der Außenwelt, zu dem Nächsten und zu dem Urquell alles Da¬
seins— zu Gott, und so hinführt zu dem höchsten Ziele alles Unterrichts: der religiös-
fittlichen Erziehung.
Daß das vorliegende „Lehr- und Lesebuch" hierzu das Seine beitragen möge, war der Zweck,
der dem Verfasser bei Auswahl, Bearbeitung und Anordnung des Stoffs stets vorge¬
schwebt. Ob, oder in wie weit es ihm gelungen, hier das Rechts getroffen zu haben, darüber
mag das Urtheil der stimmfähigen Kritik und — der richtige praktische Gebrauch des
re. Buches entscheiden; denn: „Erfahrung ist (auch hier) die beste Lehrmeisterin!" —
Werden, am Neujahrstage 1853. -Kaesters
Vorwort zur umgearbeiteten, katholischen Ausgabe.
^)aß das „Lehr- und Lesebuch für die Oberklaffen der Volksschule" binnen 3 Jahren in
4. Auflage erscheint, beweist, daß es seine Anerkennung gefunden, nicht allein von Seiten ds
Kritik — sondern auch bei den praktischen Schulmännern.
Bei der Bearbeitung desselben, sowie des „Lehr- und Lesebuchs für die Miitelklaffen der
Volksschule" ging Verfasser von der Ansicht aus, daß der spärliche Raum des Lesebuchs durch die
Aufnahme besonderer Lehrstoffe des konfessionellen Religionsunterrichts darum nicht geschmäler»
werden dürfe, weil diese in den andern Lehrinitteln der Schuljugend, in dem Katechismus,
der bibl. Geschichte und dem Gebet- und Kirchengesangbuch vollständig enthalten sind
und bei dem speciellen Religionsunterricht ihre volle Berücksichtigung finden — das Lesebuch daher
nur die Bestimmung habe, durch einen geordneten, geist- und gemüthbildenden Sprach-
und Realunterricht den durch das Leben gesteigerten Anforderungen an die sprachliche und
realistische, kurz die intellektuelle Bildunader Jugend zu genügen, und hierdurch, sowi:
durch Charakterbilder aus dem Natur- und Menschenleben die Bildung von Kopf und
Herz, und somit die religiös-sittliche Erziehung im Allgemeinen fördern zu helfen
Die rasche Verbreitung der re. Bücher (das für die Mittelklassen ist binnen 4 Jahren bereits
in 8 Auflagen erschienen) zeugt dafür, daß diese Ansicht von den Lehrern und Schulleitern
vielfach getheilt wird. Aber auch die entgegenstehende Ansicht hat ihre Vertreter; denn es sind
der Verlagshandlung und dem Verf. von vielen Seiten, von einzelnen Geistlichen und Leh¬
rern, wie von ganzen Conferenzen wiederholt die Wünsche ausgesprochen worden, „es
möchte den re. Büchern an den geeigneten Stellen ein bestimmt ausgeprägter
katholisch-kirchlicher Charakter gegeben werden, um sie zur Einführung in
kath. Schulen um so brauchbarer zu machen."
Diesen Wünschen zu entsprechen, erscheint hiermit eine neue, umgearbeitete Auflage des re.
Buches für die Oberklassen unter dem Titel: „Lehr- und Lesebuch, oder die Vaterlands¬
rind Weltkunde für die Oberklassen katholischer Volksschulen", und zwar ohne
Preiserhöhung, obgleich das Buch durch den hinzugekommenen neuen Stoff an Ausdehnung
gewinnen mußte*).
Sollte es nun dem Verfasser in Hinsicht der ihm zugegangenen Ausstellungen und Wünsche
gelungen sein, das Richtige getroffen und ein Lehrmittel geschaffen zu haben, welches sich als ge¬
eignet erweis't, für den Unterricht und die Erziehung der katholischen Schuljugend
segensreiche Dienste zu leisten: so findet er darin nicht nur die Zeit und Mühe reichlich
belohnt, welche er auf die Bearbeitung desselben verwendet hat, sondern fühlt sich auch zu uni
>o größerem Danke verpflichtet für die vielfachen Winke, welche ihm zu diesem Zwecke von vielen
Seiten zukamen, besonders aber für die freundliche Bereitwilligkeit, mit welcher der Curat-
vriester, Herr Rektor Cammann in Tanten ihn bei dieser Arbeit mit Rath und
That unterstützt hat**).
Werden, den 4. Mai 1856. «AaeAkrH.
*) In dem Vorworte zur 2. Auflage wurde versprochen, daß — um Störungen bei gleich
zeitigem Gebrauch dieser und der folgenden Auflagen zu vermeiden — wesentliche Änderungen
nicht mehr vorkommen würden. Die alte Ausgabe bleibt daher für diejenigen Schulen, welch-
dieselbe bereits eingeführt haben und zu behalten wünschen, nach wie vor unter ihrem ursprüng
liehen Titel — mit dem Zusatze: alte Ausgabe — unverändert fortbestehen, was mar.
bei Bestellungen gef. beachten wolle.
**) Eine umgearbeitete Ausgabe des „Lehr- und Lesebuchs für die Mittelklassen katholische'
Volksschulen" befindet sich unter der Presse.