Full text: Hannoverscher Kinderfreund

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Der Herr, der Heilige, der Richter unsrer Väter - 
Ist der Monarch voll Huld; der Mensch der Missethäter; 
Ein Faden jedes Jahr, das er zur Bess'rung gönnt. 
Die Kluft die ew'ge Pein, in die der Böse rennt, 
Die er durch eigne Schuld, durch Sünden sich bereitet, 
Weil ihn nicht Huld noch Ernst den Weg zum Heile leitet. 
89. Das Testament. 
Sohn! fing der Vater an, indem er sterben wollte, 
Wie ruhig schlief' ich jetzt nicht ein, 
Wenn ich nach meinem Tod' dich glücklich wissen sollte. 
Du bist es werth, und wirst es sein; 
Hier hast du meinen letzten Willen! 
Sobald du mich in's Grab gebracht, 
So brich ihn auf und such' ihn zu erfüllen; 
Dann ist dein Glück gewiß gemacht; 
Versprich mir dies, so will ich freudig sterben. 
Der Vater starb, und kurz darauf 
Brach denn der Sohn den letzten Willen auf 
Und las: „Mein Sohn, du wirst von mir sehr wenig erben, 
Als etwa ein gut Buch und meinen Lebenslauf, 
Den setzt' ich dir zu deiner Lehre auf: 
Mein Wunsch war meine Pflicht. Bei tausend Hindernissen 
Befliß ich mich stets auf ein gut Gewissen. 
Verstrich ein Tag, so fing ich zu mir an: 
Der Tag ist hin; hast du was Nützliches gethan? 
Und bist du weiser, als am Morgen? 
So fand ich denn von Zeit zu Zeit 
Zu meinem täglichen Gesckäfte 
Mehr Eifer und zugleich mehr Kräfte, 
Und in der Pflicht stets mehr Zufriedenheit. 
So lernt' ich mich mit Wenigem begnügen, 
Und steckte meinem Wunsch ein Ziel. 
Hast du genug, dacht' ich, so hast du viel, 
Und hast du nicht genug, so wird's die Vorsicht fügen; 
Was folgt dir, wenn du heute stirbst? 
Die Würden, die dir Menschen gaben? 
Der Reichthum? Nein! das Glück der Welt genützt zu haben 
Drum sei vergnügt, wenn du dir dies erwirbst. 
So dacht' ich, liebster Sohn! so sucht' ich auch zu leben. 
Und dieses Glück kannst du mit Gott dir selber geben. 
Vergiß cs nicht, das wahre Glück allein 
Ist, ein rechtschaffner Mann zu sein."
	        
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