Full text: Der kleine deutsche Jugendfreund

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Wenn aber das Kind aus der Schule entlassen ist, tritt es 
meist aus dem engen Kreise der Familie heraus. Es kommt in 
die Lehre, tritt als jugendlicher Arbeiter in die Fabrik, kommt in 
neue Verhältnisse und neue Umgebungen. Die hier neu erworbe¬ 
nen Vorstellungen müssen, weil sie von ganz besonderer Frische 
und Klarheit sind, die früheren Vorstellungsmassen verdunkeln 
und allmählich eine herrschende Stellung im Bewußtsein des 
jungen Menschen einnehmen. 
An Stelle der alten bildet sich ein neues Vorstellungszentrum, 
der Beruf, und wir würden vollständig unpsychologisch handeln, 
wenn wir diese starken Vorstellungen nicht im Unterrichte be¬ 
nutzen wollten. Das lebhafte Interesse, das der Schüler seinem 
Berufe und allem, was damit zusammenhängt, entgegenbringt, 
zwingt uns allein schon dazu, den Beruf zum Mittelpunkt des 
Unterrichts zu machen, und damit ist die Nächstliegende Aufgabe 
der Fortbildungsschule gegeben: die Berufsbildung der 
Zöglinge zu fördern. 
Durch seinen Beruf tritt aber der Fortbildungsschüler sofort 
in Beziehungen zum öffentlichen Leben. Diese Beziehungen muff 
die Fortbildungsschule berücksichtigen. Dazu dient die staats¬ 
bürgerliche Belehrung, die aber weniger die Einführung eines 
neuen Stoffgebietes erfordert als die methodische Verwertung des 
schon vorhandenen gewerblich-technischen und kaufmännisch-wirt¬ 
schaftlichen Stoffes, obwohl dieser hier und da zu ergänzen sein 
wird. 
Wenn der junge Mann die Volksschule verläßt, wird er 
aber nur zu oft auch sogleich mitten in den Riesenkampf gestellt, 
der auf politischem, wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Gebiete 
geführt wird. Um ihn tosen die Wellen des öffentlichen Lebens. 
Schutz- und hilflos steht er mitten darin, leicht zugänglich dem 
Einfluß gewissenloser Fanatiker und Verführer, leicht für deren 
antinationale Pläne zu gewinnen. 
Ebenso wie die unterrichtlichen Resultate der Volksschule 
schnell verloren gehen, wenn sie nicht weiter geübt und gehütet 
werden, ebenso geht es den erhaltenen sittlichen Anregungen. 
Wie ein Sturmwind fegt das Leben sie hinweg, wenn sie keine 
Kräftigung, kein Ziel, keine Richtung erhalten. Der Volksschule 
soll damit kein Vorwurf gemacht sein, sie kann keine Charaktere 
bilden, sondern nur die Anfänge zur sittlichen Charakterbildung 
geben, nur Keime sittlicher Kraft pflanzen, und das auch nur 
unter der Voraussetzung günstiger häuslicher Verhältnisse und 
guter Anlagen. 
Mit dem Austritt aus der Schule ist der Jüngling der 
planmäßigen erziehlichen Einwirkung entzogen, in vielen Fällen 
fehlt ihm auch der erziehliche Einfluß des Elternhauses. Rur zu
	        
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