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Was du sehen kannst, das siehe und brauche deine Augen; und
über das Unsichtbare und Ewige halte dich an Gottes Wort.
Bleibe dem Glauben der Väter getreu, und hasse, die darüber
nur leer Geschwätz treiben.
Scheue Niemand so viel, als dich selbst. Inwendig in uns
wohnet der Richter, der nicht trügt, und an dessen Stimme uns mehr
gelegen ist, als an dem Beifall der ganzen Welt und an ihrer Weis¬
heit. Nimm es dir vor, Sohn, nicht wider seine Stimme zu thun;
und was du sinnest und vorhast, schlag zuvor an deine Stirne und
frage ihn um Rath. Er spricht anfangs nur leise und stammelt wie
ein unschuldig Kind; doch, wenn du seine Unschuld ehrest, löset er
gemach seine Zunge und wird vernehmlicher sprechen.
Lerne gern von Andern, und wo von Weisheit, Menschenglück,
Licht, Freiheit, Tugend rc. geredet wird, da höre fleißig zu. Doch
traue nicht flugs und allerdings; denn die Wolken haben nicht alle
Wasser, und es gibt mancherlei Weise. Sie meinen auch, daß sie
die Sache hätten, wenn sie davon reden können und davon reden.
Das ist aber nicht, Sohn. Man hat darum die Sache nicht, daß
man davon reden kann und davon redet. Worte sind nur Worte;
und wo sie gar leicht und behende dahin fahren, da sei auf deiner
Hut ; denn die Pferde, die den Wagen mit Gütern hinter sich haben,
gehen langsameren Schrittes.
Erwarte Nichts vom Treiben und von den Treibern, und wo
Geräusch auf der Gasse ist, da gehe fürbaß.
Wenn dich Jemand will Weisheit lehren, so siehe in sein An¬
gesicht. Dünket er sich noch, und sei er noch so berühmt, laß ihn
und gehe seiner Kundschaft müßig. Was einer nicht hat, das kann
er auch nicht geben. Und der ist nicht frei, der da will thun können,
was er will, sondern der ist frei, der da wollen kann, was er thun
soll. Und der ist nicht weise, der sich dünket, daß er wisse, sondern
der ist weise, der seiner Unwissenheit inne geworden und durch die
Sache des Dünkels genesen ist.
Wenn es dir um Weisheit zu thun ist, so suche sie, und nicht
das Deine, und brich deinen Willen und erwarte geduldig die Folgen.
Denke oft an heilige Dinge, und sei gewiß, daß es nicht ohne
Vortheil für dich abgehe, und der Sauerteig den ganzen Teig durch¬
säure.
Es ist leicht zu verachten, Sohn; und verstehen ist viel besser.
Lehr?» nicht Andere, bis du selbst gelehrt bist.