Full text: Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs

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Merke viertens die Hauptsache: der Druck und die Spannung in der Lust 
bleibt nicht immer gleich, einmal stärker, ein andermal schwächer. Die Gelehrten 
wissen selbst noch nicht recht, wo dieses herrühren mag. Wird nun die Ausspannung 
der Lust auf einmal stärker, so daß man sagen kann, sie gewinne neue Kraft, so 
drückt sie auch um so stärker ans das Quecksilber im Kölblein, also daß es in der 
Röhre höher hinauf muß, manchmal bis über acht und zwanzig Zoll hinaus. So¬ 
bald aber die Ausdehnung der Luft im geringsten nachläßt, drückt im Augenblick die 
Schwere des Quecksilbers in der Röhre nach gegen das Kölblein, bis sie mit dem 
Druck der Lust wieder im Gleichen ist, welcher Gestalt also das Quecksilber in der 
Röhre sinkt, manchmal bis unter sieben und zwanzig Zoll hinab. Also steigt und 
fällt das Quecksilber oder wie man sagt, das Wetterglas, und sein Steigen und 
Fallen ist übereinstimmend mit dem unaufhörlichen Wechsel in der Lust. 
Solche Einsicht hat Gott dem Menschen verliehen, daß ihm in gläsernen Röhren 
sichtbar werden kann, was in der unsichtbaren Lust für eine Veränderung vorgeht. 
Allein der geneigte Leser ist vorsichtig und glaubt nicht Alles auf das Wort. 
Merke also: fünftens, der Beweis: wenn die Mutter gebacken hat, und das 
Büblein ißt ein Stücklein lindes Brod, es beißt nicht schlecht hinein und schmeckt 
ihm wohl; — klaubt es nun Krümlein von dem Brod herab und zerdrückt es mit 
den Fingern, daß gleichsam wieder ein Teig daraus wird, und stopft damit die Oeff- 
nung an dem Kölblein zu, von dem Augenblick an geht das Quecksilber nimmer ob sich 
und nimmer unter sich, sondern bleibt unaufhörlich stehen, wie es stand. Warum? 
Weil die Luft nimmer auf das Quecksilber wirken kann, bis es endlich der Vater 
entdeckt und hätte die beste Lust, er gebe dem Büblein eine Ohrfeige, — wer weiß, 
was er thut, wenns zum zweitenmal geschieht. 
Wenn es ihm aber mit seiner Vorsicht gelungen ist, die Oeffnung wieder frei 
zu machen, die Luft kann wieder aus das Quecksilber drücken wie vorher, stärker oder 
schwächer, alsdann fängt es auch wieder an luftig zu steigen und zu fallen. Also 
rührt die Veränderung in dem Stand des Quecksilbers von der Luft her, welche 
durch die Oeffnung des Kölbleins hineingeht und auf das Quecksilber drückt. 
Daß aber die Lust allein es sei, welche im Stand ist, mit wunderbarer Kraft 
das Quecksilber acht und zwanzig Zoll hoch in die Röhre hinaufzutreiben und in 
dieser Höhe schwebend zu erhalten, ist der Beweis, wenn die Röhre oben an der 
Spitze abbricht, und die Luft dort auch hineinkommt, wo vorher keine war, fällt 
das Quecksilber in der Röhre auf einmal so tief herab, bis es demjenigen, das in 
dem Kölblein steht, gleich ist, und hat alsdann Alles ein Ende, denn die Lust in der 
Röhre und die Luft in dem Kölblein drückt jetzt mit gleicher Gewalt gegen einander, 
und vernichtet ihre Kraft an sich selber, also daß das Quecksilber freies Spiel be¬ 
kommt und seiner eigenen Natur folgen kann, die da ist, daß es vermöge seiner 
Schwere hinuntersitzt bis auf den Boden, oder auf das unterste des Raumes, worin 
es eingeschlossen ist. 
Merke sechstens und endlich: es hat eine lange Erfahrung gelehrt, wenn die 
Luft ansängt, sich stärker auszudehnen und zu drücken, daß alsdann gemeiniglich 
auch das Wetter heiter und schön wird. Wenn sie aber nachläßt und gleichem matt 
wird, man weiß nicht warum, so macht sich gewöhnlich ein Regen zurecht, oder ein 
Sturmwind, oder ein Gewitter. Welchermaßen nun das Steigen und Fallen des 
Quecksilbers einen stärkeren oder schwächeren Druck der Lust anzeigt, solchermaßen 
kündigt es auch zum voraus Sonnenschein und Regen an, wenn nichts Anders da-
	        
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