Full text: Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs

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118. Die Spartaner. 
Die Spartaner (1 Makk. 12.) und die Athener waren die beiden Hanptvölker 
der Griechen. Jene wohnten in Lakonien in Süd-Griechenland. Ihren Ruhm 
und ihre Stärke verdanken die Spartaner namentlich dem Lykurgus, der ihnen um 
das Jahr 888 vor Christo, z» der Zeit, als Elisa im Reiche Israel wirkte, Gesetze 
gab. Um sein Volk auf die Dauer groß und glücklich zu machen, hielt er es für 
nöthig, ein ganz neues Geschlecht von Menschen heranzuziehen. Deßhalb fing er 
mit der Jugend an. Das neugeborene Kind mußte den Slammesältesten vorgezeigt 
werden, deren Urtheil darüber entschied, ob es am Leben bleiben sollte oder nicht. 
Sie befahlen, das Kind aufzuziehen, wenn es kräftig und wohlgebildet war; ein 
mißgestaltetes und schwächliches aber mußte nach ihrem Ansspruche in eine Kluft 
am Berge Taygetus geworfen werden. Die Erziehung der kleinen Kinder in den 
Häusern der Eltern war auch schon streng und abhärtend. Sie waren nicht warm 
eingehüllt; man gewöhnte sie frühe an geringe Kost; sie mußten lernen allein sein, 
ohne sich zu fürchten und zu schreien. Sobald der Knabe sieben Jahre alt gewor¬ 
den war, durfte er nicht mehr länger im elterlichen Hause bleiben; er kam jetzt unter 
die Aufsicht der Obrigkeit und wurde öffentlich erzogen. . Das ganze Leben der Kna¬ 
ben, ihr Unterricht, ihre Uebungen und ihre Spiele, ja selbst auch ihr Nachtlager 
war von da an gemeinschaftlich. Man unterrichtete sie im Lesen und Schreiben, 
aber nur, daß sie im gewöhnlichen Leben davon Gebrauch machen könnten, nicht zur 
Vorbereitung auf eine höhere geistige Bildung, welche bei den Spartanern durchaus 
nicht geachtet war. Sonst war aller Unterricht und die ganze Erziehung nur darauf 
berechnet, daß die Knaben willigen Gehorsam und Ausdauer lernen und einst dem 
Feinde muthig unter die Augen treten möchten. Schon kleinere Kinder führten zum 
Spiel einen kriegerischen Tanz auf. Die Knaben sodann mußten sich vvrnemlich im 
Laufen, Ringen, Werfen üben. Ihre Spiele waren wieder von derselben Art: sie 
rangen miteinander, und suchten überhaupt an Gewandtheit und Stärke des Leibes 
einander zu übertreffen. Die älteren Männer waren gegenwärtig bei ihren Uebungen 
und Spielen; keiner wollte unter ihren Augen erliegen oder der Schwächere sein. 
Alle Tage badeten sie sich im Flusse Enrotas. Gingen sie auf der Straße, so 
mußten sie ihre Hände unter ihrem Mantel halten, als Zeichen der Bescheidenheit, 
und gesenkten Blicks ihres Wegs gehen; umherblicken war ihnen nicht erlaubt. Schuhe 
waren ihnen nicht gestattet. Ihre tägliche Kost war außerordentlich kärglich, für 
Fremde unschmackhaft, aber kräftig und gesund. Jeder Bürger hatte das Recht und 
die Verpstichtuttg, den. Knaben, welchen er über einer Unart ertappte, zu züchtigen, 
wenn derselbe auch eines andern Bürgers Kind war; und der Vater, dem der gezüchtigte 
Knabe dies klagte, war verbunden, ihn dann nochmals zu bestrafen. So wurden 
die jungen Spartaner abgehärtet gegen Hunger und Wachen, Hitze und Frost, ja 
selbst gegen empfindliche Körperschmerzen. Zn diesem letzteren Zweck wurden die 
spartanischen Knaben jährlich einmal am Feste der Diana (Apostelgesch. 19.) öffent¬ 
lich mit Geißeln blutig gepeitscht, und keiner durfte nur eine Miene des Schmerzes 
zeigen. Manche tollen die Standhaftigkeit so weit getrieben haben, daß sie ohne 
einen Klagelaut todt am Altare niedersanken. Man gewöhnte die Knaben, auf jede 
Frage schnell und mit Hinzufügung eines Grundes zu antworten. Wenn also der 
Knabe gefragt wurde, wer ein wackerer Bürger sei, mußte er gleich einen zu nennen 
wiffen, und zugleich angeben, warum er gerade diesen einen wackerm Bürger nannte.
	        
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