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ohne Bewegung, kein Baum ohne Früchte. Wo die Liebe Jesu im
Glauben erkannt ist, da dringt sie den Menschen, Jesu zu Liebe und
Ehren zu thun, was er nur kann. Wo ein lebendiges Sämlein im
Acker ist, da bleibts nicht verborgen, es bricht Herfür und zeigt sich
in Früchten. So können auch keine guten Werke ohne Glauben sein,
denn das Wort Gottes pflanzet den Glauben, aus dem Glauben
wachsen hervor die guten Werke, die nichts sind als dasselbe Wort
Gottes, das durch den Glauben in uns gepflanzt ist, in seiner That
und Erfüllung. Die drei hangen zusammen an einer Kette: Wort,
Glaube, Werke. Das Wort, ein Same des Glaubens, der Glaube,
ein Same der Werke. Aber Glaube und Werke sind und thun nicht
einerlei, jener macht gerecht, diese folgen auf die Rechtfertigung, und
beweisen dieselbe. Jener gibt das Leben, diese offenbaren es. Jener
handelt mit Gott, diese mit dem Nächsten. Um beide bemühe dich,
um den Glauben, daß du selig werdest, und uin die Werke, daß du
dich selbst und andere deiner Seligkeit versicherst, durch Offenbarung
deines Glaubens in den Werken.
133. Von den Ostereiern.
Es ist eine uralte, noch in das erste Jahrtausend unserer Zeitrechnung zurück¬
gehende Sitte unter den Christen, daß man zur heiligen Osterzeit sich einander
oder wenigstens den Kindern Eier schenkt. Auch der Schreiber dieses erinnert sich
noch mit Wohlgefühl jener Zeiten, wo er und seine lieben Geschwister im väter¬
lichen Garten die Nester suchen durften, darein ihnen, wie man sagte, der Hase ge¬
legt hatte.
Was sollen aber die Ostereier bedeuten? Sie galten unsern christlichen Vor¬
fahren als Sinnbild der Auferstehung. Aus dem stillen, reglosen Ei geht wunder-
barcrweise ein lebendiger Vogel hervor, — so stieg einst Jesus in verklärter Ge¬
stalt aus dem stillen Grab in Josephs Garten; so werden einst aus den Gräbern
derer, die im Herrn entschlafen sind, geistliche Leiber auferstehen und (wie mit
Vogelschwiuge») dem kommenden Herrn in der Luft entgegenschweben (1 Thest. 4,
17.). Dies ist die einfache Bedeutung der Ostereier. Die alten Christen erinnerten
einander auch, indem sie sich die Eier reichten, an die Bedeutung; sie sprachen mit
freundlichen Worten von der freudenreichen Auferstehung des Heilandes und von
jenem großen Tag, da alle Gräber wie Eierschalen zerbrechen werden.
In der griechischen Kirche hat sich der fromme Gebrauch bis ans unsere Zeit
erhalten, daß einer seinem Mitbruder ein Ei gibt, ihn küßt und grüßet: „Christus
ist auferstanden!" Der Mitbruder spricht als Gegengruß: „Er i|t wahrhaftig auf¬
erstanden!"