Full text: Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs

419 
196. Napoleon. 
(1769-1821.) 
Seit vielen Jahrhunderten hat kein Sterblicher so die Geschicke der Völ¬ 
ker durch das blutige Würfelspiel des Kriegs entschieden, keiner ist aus tiefer 
Niedrigkeit so hoch erhoben, keiner von Schmeichlern und Lobrednern so ver¬ 
herrlicht worden, als Napoleon. Aber die unparteiische Geschichte hat ihn 
gerichtet. Er war ein Geist dep stch selbst vergötternden Selbstsucht. Ehr¬ 
geiz und Herrschsucht waren seine Götzen; Menschenwohl, Bürgerglück, Frei¬ 
heit trat er mit Füßen. Aber die wunderbare Hand der Allmacht hat ihn ge¬ 
stürzt von seiner Höhe; ja gerade ihn, diesen Zwingherrn, zum Werkzeug ge¬ 
macht, durch das die Völker Europas zu höherer bürgerlicher Freiheit gelan¬ 
gen sollten. 
Napoleon Bonaparte war der Sohn eines unbemittelten Adeligen in 
Ajaccio auf der Insel Corsica, und 1769 geboren. Der Grundzug des 
corsischen Charakters: kriegerischer Sinn, Trotz und unbeugsame Hart¬ 
näckigkeit, war auch der Grundzug des seinigen. Sechzehn Jahre alt war er 
Lieutenant in der Artillerie; bei der Belagerung von Toulon schwang er stch 
zum General empor. Doch bald erhielt er wieder seinen Abschied. Schon 
wollte er unmuthig in die Dienste des türkischen Sultans treten, als stch in 
den Straßen von Parts ein Aufruhr gegen die republikanische Regierung 
entspann; da ernannte diese Bonaparte, seiner Entschlossenheit gewiß, zum 
Divistonsgeneral, der denn auch die Volkshaufen durch einen Kartätschenhagel 
erbarmungslos niederschmetterte. Jetzt stieg sein Ansehen, und staunend blickte 
die Menge nach dem jungen General empor. 
Wir begleiten den jungen Helden auf das Schlachtfeld. Alle Regierun¬ 
gen Europas hatten stch gegen die verderblichen Grundsätze, welche im Lauf 
der französischen Revolution aufgekommen waren, erhoben, und England hatte 
mit Oesterreich, Preußen, Rußland und andern Staaten ein furchtbares 
Bündniß gegen Frankreich zu Stande gebracht. Bonaparte wurde als Ober¬ 
general nach Italien geschickt, um die Oesterreicher anzugreifen und wo mög¬ 
lich zu vernichten. Aber wie sollte das zugehen? 50,000 Oesterreicher standen 
gegen 40,000 Franzosen; jene gut bewaffnet und bezahlt, diese ohne Geld, 
zerlumpt, hungrig, fast ohne Waffen. Bei Lodi, nicht weit von Mailand, er¬ 
zwangen die Franzosen den Uebergang über eine Brücke, und Napoleon konnte 
als Sieger in Mailand einziehen. Nach vielen Kämpfen in der Gegend um 
Mantua, die alle um dieser wichtigen österreichischen Festung willen gekämpft 
wurden, wie bei Bassano, Arcole, Rivoli, ergab sich dieselbe an die Franzosen. 
27»
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.