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Oder wer hätte nicht schon die Geschwindigkeit und Schnellkraft dieses
Federspiels bewundert? Jetzt im jauchzenden Zickzack durch die Wol¬
ken, jetzt im Kernschuß über den See, jetzt wie Buben im krausen
Gewühl einander verfolgend, blitzschnell sich hinabwerfend, wieder
hinaufschwingend, oder beim Nahen des Gewitters in langen, hastigen
Linien lautlos über den Boden streichend und die Mücke, die Wasser¬
spinne im Tanz, im Lauf erhaschend; immer ist es ein Bild voll
neuer, wechselnder Reize, ein lustiges Labyrinth, dessen Gänge sich
tausendfach durchschlingen und auch das schärfste Auge verwirren. —
Kaum sind die Jungen befiedert, so werden sie von den Alten in
diesen Künsten geschult. In einer Straße, zwischen zwei Mauern,
oder wo sonst ein schmaler, sicher begrenzter Luftkanal sich bietet,
beginnen die Uebungen. Anfangs schießt die Schwalbenmutter in
geradem Zuge dahin, die Jungen folgen unsicher, bald aber schnell
und schneller, bis die Lehrmeisterin mit einem Male abbricht und
in Biegungen, Schwenkungen, Kreuzungen die Luft durchschwärmt.
Das junge Volk ist zuversichtlich geworden; ermatten, verirren sich
auch einzelne, so ist doch in drei Abenden die Probe bestanden.
Aber wie schön und weise hat sie auch die .Hand des Schöpfers
geformt! Der zarte, schlanke Leib mit dem knappen Gefieder, die
langen, spitzigen, sich fast über einander hinaus biegenden Flügel,
der gestreckte, weitgegabelte Schwanz: Alles ist Schnellkraft und
Schwung. Die Füße allein in ihrer unbehülslichen Kürze scheinen
nicht recht dazu zu passen; kaum vermögen sie den Körper zu tragen,
zum Zeichen, daß nicht auf dem Boden, sondern in den Wolken der
Schwalbe Weg und Wiege sei.
Doch nicht bloß der Flug macht sie zu einem merkwürdigen
Vogel. Das kluge und scharfe Auge, die rastlos zwitschernde, bald
leise klagende, bald lustig aufkreischende Stimme deuten auf ein
eigenthümliches Wesen. Von diesem zeugen neben Anderem folgende
Züge. Eines Tages hatten Knaben aus dem Fenstersimse eines alten
Schlosses, das sie bewohnten, eine Schlinge gelegt, um eine Schwalbe
zu fangen, welche Fliegen jagend die besonnten Scheiben umschwirrte.
Nach einigen Minuten fand sich der arglose Vogel plötzlich gefangen.
Die Schleife hatte einen seiner Füße umschnürt. Er erhob ein
schrilles Geschrei, und bald sammelte sich ein ganzer Schwarm von
Schwalben und versuchte den Gefangenen zu befreien. Aber vergeb¬
lich; jeder Versuch, mit der Schlinge davonzufliegen, zog diese nur
enger zusammen und vermehrte noch die Schmerzen des Vogels.