Full text: Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs

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Teich, errichten ihre Häuser aus Pfeilern und geben ihnen eine kreisförmige oder 
rundliche Gestalt, welche oben zugewölbt ist, weßhalb ihre Baue an der Außen¬ 
seite fast das Aussehen von einer Kuppel haben; inwendig haben sie etwas Aehnliches 
mit einem Backofen. Die Anzahl der Häuser beläuft sich im Ganzen von zehn bis 
dreißig. Finden sie keinen Teich, wie sie ihn wünschen, so lassen sie sich an einem 
Strom nieder, und richten dann den Platz zu ihren Wohnungen mit einer Kunst¬ 
fertigkeit ein, welche großes Erstaunen erregt. 
Das erste nemlich, was die Biber in diesem Fall anlegen, ist ein Damm, 
welchen sie auf folgende Weise bauen: sie legen Pfähle kreuzweis in mehreren Reihen 
über einander, weben Banmzweige dazwischen und füllen sie mit Lehm, Steinen uud 
Sand aus. Dies alles machen sie so fest, daß, obgleich die Dämme öfters hundert 
Fuß lang sind, doch ein Mensch mit der größten Sicherheit darüber gehen kann. 
Unten sind diese Dämme zehn bis zwölf Fuß dick, nach oben aber werden sie immer 
dünner; denn oben an der Spitze sind sie nur zwei bis drei Fuß breit. Sie haben 
von einem Ende zum andern eine gleiche Höhe; nach dem Strom hin sind sie senk¬ 
recht, auf der entgegengesetzten Seite aber schief. Auf diesen Dämmen wächst nun 
bald Gras, welches die Erde immer fester macht; auch fassen die Zweige, welche in 
den Damm gelegt sind, gewöhnlich Wurzel, und es entsteht so nach und nach eine 
Hecke, in welcher selbst Vögel ihre Nester bauen. Au diesen Damm werden die 
Wohnungen angelehnt und mit der größten Einsicht von Erde, Steinen und Zweigen 
erbaut; die vorragenden Spitzen werden glatt abgebissen, und das Gebäude außen 
mit der größten Nettigkeit übertüncht. Die Mauern sind gegen zwei Fuß dick, und 
der innere Raum beträgt sechs bis sieben Fuß im Durchmesser; die Fußböden siild 
um so viel höher als die Wasserfläche, als nöthig ist, um nicht überschwemmt zu 
werden. Einige Wohnungen haben bloß einen Fußboden, andere aber drei. Ein 
Reisender versichert sogar, daß er in Nordamerika in einer Wohnung, die er unter¬ 
suchte, nicht weniger als fünfzehn verschiedene Zellen gefunden habe. Das größere 
Holz in ihren Bauen schaffen sie in Flüssen so herbei, daß sie es oberhalb des dazu 
ausgewählten Platzes in den Fluß werfen und hinter ihm herschwimmend nach der 
beliebigen Stelle leiten. Das kleinere Holz schleppen sie mit den Zähnen fort; 
Schlamm und Steine aber tragen sie in ihren kleinen Vorderpfoten, die sie dicht am 
Halse zusammenhalten. 
Die Anzahl der Biber beläuft sich in jeder Wohnung von zwei bis zu dreißig. 
Sie schlafen auf dem Boden, der mit Moos und Blättern bestreut ist, und jeder 
Biber soll seine besondere Stelle haben. 
Sie bleiben immer in einer Wohnung. Werden sie aber in dieser durch ihre 
Feinde beunruhigt, so bauen sie sich eine neue, und dann fangen sie schon im Som¬ 
mer an zu bauen und bringen eine ganze Jahreszeit hin, ehe sie mit der Arbeit 
fertig werden und ihre Wohnungen mit Wintervorrath versehen. Dieser besteht vor¬ 
züglich in Rinden und zarten Baumzweigen, die sie nach einer bestimmten Länge 
zerschneiden und unter dem Wasser auf Haufen legen. Die Indianer geben genau auf 
die Höhe dieser Haufen Acht, weil sie daraus auf die größere oder geringere Kälte 
des kommenden Winters schließen. 
Jede Biberwohnung hat nur eine Oeffnung; sie befindet sich unter dem Wasser 
und ist jedesmal tiefer, als das Wasser im Winter gefriert. Auf diese Art haben 
sie nichts von dem Froste zu besorgen. Sind ihre Wohnungen völlig fertig, so legen 
sie dessen ungeachtet immer noch Werke an, und sie hören nicht eher damit auf, als
	        
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