Full text: Naturkunde, Erdkunde, Geschichte, deutsche Sprachlehre, Münz-, Maß- und Gewichtkunde (Theil 2)

der Perser. 
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man vor dem Tode Niemanden glücklich preisen könne. Der König hielt 
ihn für einen Thoren und entließ ihn ohne Huld. Bald aber tödete ihm 
einGastfreund seinen trefflichen Sohn aufder Jagd, und es blieb ihm nur noch 
Einer, der stumm war. Und wieder verging nicht lange, da nahete Cyrus 
mit Heeresmacht seiner Gränze. Krösus dachte auf Widerstand und be¬ 
fragte ein Orakel. Orakel nannte man heilige Oerter, wo man den Willen 
und Rath der Götter vernehmen zu können glaubte. Die Priesterin ant¬ 
wortete sehr zweideutig: „Wenn du über den Gräuzfluß Halys gehst, wirst 
du ein großes Reick zerstören." Er that es und zerstörte sein eigenes. Denn 552 
nach 2 unglücklichen Feldschlachten schloß er sich in Sardes ein. Die Stadt 
wird erstürmt und schon hat ein Soldat sein Schwert auf das Haupt des 
Königs, den er nicht kannte, gezückt, als der stumme Sohn im Schrecken das 
Hinderniß der Natur überwand und laut aufschrie: „Es ist der König!" 
Krösus wurde gefangen und musste den Scheiterhaufen besteigen. Da rief 
Krösus: „o Solon, Solon, Solon!" Cyrus erfuhr die Bedeutung, schenkte 
dem Gefangenen das Leben und benutzte fortwährend seinen Rath, nament¬ 
lich auch den, die Lydier nickt als Sklaven zu verkaufen, sondern kraftlos 
und unschädlich zu machen durch Verweichlichung und Wohlleben. — Die 
unermessliche Stadt Babylon konnte Cyrus nur dadurch nehmen, daß er 53s 
den Euphrat ableitete und durch das leere Flußbett in die Straßen rückte. 
Der Besitz von Babylon gab auch die Phönicier und Juden in seine 
Gewalt. Gegen jene war er mild, diesen gab er ihre Heimat wieder, um 
ein treues Volk an den Gränzen zu haben. Unersättlich in seiner Länder¬ 
sucht überzog er auch ein armes scythisches Nomadenvolk, das am kaspischen 
Meere wohnte und eine tapfere Königin hatte. Sie mit List zu fangen, 
wich er zum Schein zurück und ließ ihnen viel starken Wein als Beute. 
Darin berauschten sich die rohen Horden. Cyrus fiel über sie her, vergoß 
Ströme von Blut und nahm den Sohn der Königin gefangen. Dafür 
drohte sie, ihn mit Blut zu sättigen, und als er in der nächsten.mörderischen 
Schlacht gefallen war, ließ sie ihm den Kopf abschneiden und denselben in 530 
einen blutgefüllten Schlauch werfen. 
8. 28. Das Perserreich wurde nach dem Tode seines Stifters noch 492 
mehr erweitert. D arius I. und Ferres wollten sogar in Europa das freie — 
Griechenland unterjochen. Ihre zahllosen Heere wurden aber dort so wacker 449 
empfangen, daß Hunderttausende in den Wogen und auf den Schlachtfel¬ 
dern ihr Grab fanden und die übrigen mit Schmach zurückgejagt wurden. 
Eifersucht und Haß zwischen beiden Völkern zeigte sich noch in manchen 
Kriegen, bis Alexander d. Gr. den Thron des letzten Königs, Da¬ 
rius III., umstürzte und das Reich des Cyrus auflösete. Dies war den 330 
kleinen Heldenscharen der Macedonier und Griechen darum möglich, weil 
die 50 verschiedenen Volksstämme der persischen Monarchie nicht durch 
ein Nationalgefühl, nicht durch Liebe zu einem gerechten Fürstenhaus, 
wndern durch Zwang und Strafe zusammengehalten wurden; weil man 
sich an vielen Orten sehnte, der Willkür und Härte habsüchtiger Statthalter 
zu entgehen; weil die Einrichtung des Heeres schlecht und außer im Gebirg 
Jung und Alt verderbt und weichlich war.
	        
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