Full text: Für die Oberklassen (Theil 2)

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Wer auf der Erde ohne Bestimmung lebt, gleicht einem Schiffe auf dem 
trockenen Lande; und wer nicht in das große Rad der Menschheit eingreift, 
der gleicht den zinnernen Taschenuhren der Kinder, die wohl Zeiger und 
Zifferblätter, aber keine mechanischen Eingeweide haben. 
__ Hotth. Ephraim Lessing. 
Kleine Freuden laben, wie Hausbrod, immer ohne Ekel, große, wie 
Zuckerbrod, mit Ekel. 
Je mehr Schwäche, desto mehr Lüge. Die Kraft geht gerade. Jede 
Kanonenkugel, die Höhlen oder Gruben hat, geht krumm. 
Verzage nicht, wenn du einmal fehlst; und deine ganze Reue sei eine 
/chönere That. 
Kaufe das, was du nicht brauchst, so wirst du bald das verkaufen 
müssen, was du brauchst. Viele sind arm geworden bloß dadurch, 
daß sie vieles um ein Spottgcld eingekauft haben. 
Der Furchtsame erschrickt vor der Gefahr, der Feige in ihr, derMuthige 
nach ihr. 
Es ist leichter die erste Begierde zu unterdrücken, als allen folgen¬ 
den Genüge zu leisten. 
Das ewige Wünschen und Hoffen besserer Zeiten zeigt unsere 
Faulheit an. Wir können die Zeiten selbst besser machen, wenn wir 
uns besser regen. Der Fleiß setzt sich nicht hin und wünscht; der, welcher 
von Hoffnung lebt, stirbt am Fasten; kein Gewinn ohne Mühe. 
Armuth ist die einzige Last, die schwerer wird, je mehre daran 
tragen. 3ean Paul (Friedrich Richter.) 
Ein bösesGewissen ist ein Ofen, der immer raucht; es ist Kläger, 
Richter und Henker in einer Person. 
Wer sich gewöhnt hat, bloß zu essen, waS sättigt, und zu trinken, was 
den Durst stillt, der findet überall eine offne Tafel. 
Sieh' nicht auf's Handgeld, sondern aus den, der'S gibt. Der Teufel 
gibt Silberlinge, allein daö Ende ist Verzweiflung. 
Der Schlaf war eher in der Welt als der Tod, das Vorbild eher als 
die Erfüllung. — Gehst du aus der Welt, wenn du stirbst? Deine Seele 
entschwebt nur den Dünsten der Erde. Ewiger Geist der Liebe weht im 
Athem der Natur; wo der weht, ist Leben. Theov. Gottlieb von Hippel. 
Selbstmord ist die abscheulichste Sünde, die einzige, die man nicht 
bereuen kann, weil Tod und Missethat zusammen fallen. 
Wirklich tugendhafte, und zugleich verständige Menschen sind 
allemal am schonendsten in der Beurtheilung, und am geneigtesten zur 
Entschuldigung fremder Schwächen und Fehltritte; ohne Zweifel, weil sie' 
am besten wissen, wie schwer es ist, sich auf dem Glatteise der Menschlich¬ 
keit vor allem Gleiten zu bewahren. 
Ein erleuchteter Verstand veredelt auch die Gesinnungen. Der Kopf 
muß das Herz bilden. 
Der Uebel größtes ist die S ch u l d. 
Fricdr. von Schiller.
	        
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