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24L. Räthsel.
Von Perlen baut sich eine Brücke
toch über einen grauen See;
ie baut sich auf im Augenblicke,
Und schwindelnd steigt sie in die Höh'.
Der höchsten Schiffe höchste Masten
Zieh'n unter ihrem Bogen hin;
Sie selber trug noch keine Lasten,
Und scheint, wie du ihr nahst, zu flieh'n.
Sie wird erst mit dem Strom und schwindet,
So wie des Wassers Fluth versiegt,
So sprich, wo sicy die Brücke findet,
Und wer sie künstlich hat gefügt?
2£3. nie Heise in die Abendröthe.
Schon als Kind hätte ich gern weit und hoch fliegen
mögen und hatte doch keine k lügel. Als ich etwa tunt
Jahre alt war, da sah ich mehrmals von dem Berge, auf
welchem unsere Kirche steht, und von meines Vaters Gar¬
ten der Abendröthe zu, wie sie, gleich einem Himmelsgar-
ten voller Rosen, hinter den Tannenwäldern der westlichen
Gebirge stand. Mir war es, als müssten dort die Engel
sein, welche singen: „Ehre sei Gott in der Höhe!“ Und
wenn man bis an den Tannenwald und in die Abendröthe
hinginge, da müsste man die Engel singen hören. Darum
beschloss ich eines Abends, ich wollte in die Abendröthe
und in die untergehende Sonne hineinwandern. Ich mochte
aber die Reise nicht allein machen, sondern bewog das
Söhnlein unseres Nachbars, dass es die Reise mitmache,
indem ich ihm mein ganzes Abendbrot zum Lohne gab.
So lange der Kleine an dem Butterbrote zu essen hatte,
ging er willig hinter mir her; als aber das Brot verzehrt
war, und die Abendröthe immer weiter von uns wegschien,
fing mein Reisegefährte an zu zagen und wollte durchaus
nicht weiter, sondern nach Haus zu seiner Mutter. Ich
aber warf noch einen sehnsuchtsvollen Blick in die Gegend
hinein, die mir noch immer so nahe und leicht erreichbar
schien, wenn nur der kleine Karl hätte weiter gemocht,
und kehrte dann mit ihm um. Eben läutete die Abend¬
glocke, als ich zum Hause meiner Eltern kam, die Abend¬
glocke, die uns Kindern immer ein Zeichen war, dass wir
uns zum gemeinschaftlichen Gebet mit den Eltern und
andern Hausgenossen versammeln sollten. Da betete ich
vor den Knieen meines Vaters stehend, ausser andern