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Spitze eines Kavallerieregimentes reitet nun auch der König in die
Stadt ein.
Wer von den Kaiserlichen es noch vermag, flüchtet der Oder¬
brücke zu. Bagagewagen versperren aber den Übergang; es entsteht
eine entsetzliche Verwirrung. Viele der Fliehenden werden in das
Wasser gedrängt und finden in den Wellen ihr Grab; auch General
Tieseubach soll mit seinem Pferde ertrunken sein. Die Redoute jen¬
seit der Brücke räumen die Kaiserlichen, werfen die Geschütze in den
Strom und zünden die Brücke an. Wer noch zurück ist, wird nieder¬
gehauen oder gefangen genommen. 1700 der Kaiserlichen wurden
getötet und 800 gefangen genommen. 4 Obersten waren gefallen;
die Obersten Morval und Buttler befanden sich in den Händen
der Schweden. Diese zählten angeblich nur 300 Tote und 200 Ver¬
wundete. Sie erbeuteten 21 Kanonen, 26 Fahnen, 600 Centner Pulver,
1200 Centner Blei, einige Kornmagazine und die Kriegskasse im
Betrage von 300000 Thalern.
Die Schweden hatten einen glänzenden Sieg errungen; was diesem
aber folgte, ist nur ans Sitte und Gebrauch einer rohen und gewalt¬
tätigen Zeit zu erklären, deren Einflüssen und Anschauungen auch
ein Gustav Adolf unterworfen war. Um ferne Soldaten für die
bewiesene Tapferkeit zu belohnen, erlaubte ihnen der König, die
Stadt zwölf Stunden lang, von 6 Uhr abends an, zu plündern; Leib
und Leben der Bürger aber sollten sie schonen. Die durch den blu¬
tigen Kampf erhitzten Soldaten kannten aber keine Mäßigung; sie
nahmen alles, was des Mitnehmens wert schien, rissen den Wehr¬
losen die Kleider vom Leibe, mißhandelten sie, plünderten auch das
Rathaus und verschonten nur die Kirchen und einige Pfarrhäuser.
Mit Blut, Beulen und Wunden bedeckt, irrten die armen Ein¬
wohner aus den^ Straßen umher; was die kaiserliche Einquartierung
ihnen noch gelassen, nahm jetzt der Schwede bis auf das Letzte. Gegen
Abend brach ein Feuer aus; da in dem Jammer und Tumulte die
Hände zum Löschen fehlten, gewann es an Umfang und zerstörte über
20 Häuser. Um 6 Uhr morgens wurde das Signal zum Einstellen
der Plünderung gegeben; die wie toll gewordenen Soldaten kehrten
sich aber nicht daran, bis sie der König durch Prügel und Degenstiche
aus den Häusern treiben ließ. Er selbst soll dabei eingehauen haben.
Mehrere Leute Jieß er sofort aufhängen. Der Rumormeister*) mußte
durch die Straßen reiten und jeden, den er noch beim Plündern er-
wischte, zum Galgen schicken. Er kam dazu, wie ein Schwede in eine
Küsterwohnung drang und etwas leinenes Zeug raubte. Sosort ließ
er den Soldaten greisen und ohne weiteres aufknüpfen, obwohl der
Küster, dessen Familie und der anwesende Prediger Albmus für ihn
baten. Ein Bürger war bei der Plünderung ums Leben gekommen,
der Bürgermeister Krüger tödlich verwundet worden.
*) Der Rumormeister gehörte zu denjenigen Beamten im schwedischen Heere,
welche ans Erhaltung der Ordnung zu sehen hatten. Den ans frischer That ertappten
Missethäter durste er ohne weiteren Prozeß zur Strafe ziehen.
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