Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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weil die in derselben enthaltene Luft leichter ist, als das Wasser. Glei¬ 
cherweise, schloss ein denkender Kopf, müsste eine grössere Blase, 
ein Hfl,tloil, wenn man ihn mit Luft anfüllen könnte, die leichter wäre, 
als die uns umgebende Luft, in die Höhe gehen. Eine solche Luft 
entdeckte 1766 der Engländer Cavendish in dem WilSSCrStoff" 
ggtz, und ein Franzose Charles liess zuerst 1783 einen mit diesem 
Gase gefüllten Ballon zu Paris aufsteigen. Man erhielt dieses Gas, 
indem man Eisenfeilspäne mit verdünnter schwefelsaure über¬ 
goss. Die Gebrüder Montgolfier füllten ihre Ballons mit gewöhn¬ 
licher Luft und verdünnten dieselbe in dem unten geöffneten Ballon 
durch unter diesem angezündetes Feuer, worauf der Ballon von selbst 
sich in die Höhe hob. Pozier war der erste, der cs wagte, durch einen 
mit Wasserstoffgas gefüllten Ballon sich selbst in die Luft heben zu 
lassen. Zweihundert andere ungefähr haben es bis heute ihm nach- 
gethan, und man weiss seitdem von mehr als 2000 Luftreisen. 
Bald liefen sie glücklich ab, bald unglücklich. Der Ballon des 
italienischen Grafen Zambeccari gerieth durch die Spirituslampe, 
welche die Luft im Ballon zu verdünnen bestimmt war, in Flammen, 
ward erst zur unabsehbaren Höhe hinaufgetrieben, wo dem Grafen 
die Hand erfror, und stürzte dann in’s adriatische Meer, aus wel¬ 
chem Schiffer ihn retteten. Pozier ertrank im Meere; der Ballon 
der Madame Blanchard in Paris, die beim Aufsteigen an dem Bal¬ 
lon Feuerwerk anzuzünden pflegte, brannte an, und sie stürzte auf 
die Häuser herab. Glücklicher war der Vater Green’s, er flog 
in Begleitung zweier Männer am 1. November 1837 in England 
an einem Nachmittage fort, über den Kanal hinweg und liess sich 
am andern Morgen im Nassauischen nieder, in 17Y2 Stunde 
eine Entfernung von hundert Meilen zurücklegend. Dieser Green 
war es, der zuerst den Ballon mit dem bekannten KohlenwaSSer* 
StoffgaS füllte. Es ist weit wohlfeiler herzustellen, als das Wasser¬ 
stoffgas, und ward auch bei der 158. und 159. Luftfahrt Green’s, 
welche derselbe während der Michaelimesse 1846 in Leipzig 
veranstaltete, zur Füllung des Ballons angewendet. 
Der aus dichtem, buntem Seidenzeuge (welches durch eine Auf¬ 
lösung von Gummielasticum luftdicht gemacht ist) gefertigte Ballon 
ist mit Steinkohlengas in der Gasbereitungsanstalt gefüllt; 25,000 
Kubikfuss gehen in seinen weiten Bauch, der 40 Fuss im Durch¬ 
messer hat. Ein aus starken Schnüren geflochtenes Netz umspannt 
ihn, an dessen unterem Ende ein kleiner aus Weidenruthen gefloch¬ 
tener und zierlich geschmückter Korb hängt — die Gondel, in 
welcher der Luftschiffer Green und die Mitreisenden sitzen. Die 
Leinen, die den Ballon festhalten, werden gelös’t; der Ballon erhebt 
sich unter Musikklang. Green, der in dem Strickwerke hängt, 
schwenkt den Hut, und der Ballon schwebt über den Köpfen der 
unzählbar versammelten Menge hinweg, begleitet von dem Jubelge- 
sihrei der tausend und abertausend Schaulustigen.
	        
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