Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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welche 20 Talente (beinahe 25,000 Thaler) Lösegeld von ihm forderten. „Was!" 
rief Cäsar, „für einen solchen Mann, wie ich bin, verlangt ihr nicht mehr? 
50 Talente sollt ihr haben." Hierauf schickte er seine Begleiter aus, das Geld 
zusammenzubringen. Während dessen benahm er sich nicht wie ein Gefangener, 
sondern wie ein Herr der Seeräuber. Wenn er schlafen wollte, befahl er ihnen, 
still zu sein. Zuweilen las er ihnen seine Gedichte und Reden vor, und wenn 
sie diese nicht lobten, so drohte er: „Dafür sollt ihr mir büßen; komme ich los, 
so lasse ich euch Alle ans Kreuz heften!" Die Räuber schrieben diese Freimüthig¬ 
keit seiner muntern Laune zu und hatten ihre Freude daran. Endlich brachten 
seine Leute die 50 Talente Lösegeld. Die Räuber setzten ihn ans Land. Aber 
kaum war er frei, so wußte er sich einige stark bemannte Schiffe zu verschaffen, 
holte die Seeräuber ein, eroberte ihr Schiff, ließ sich sein Geld auszahlen und 
führte die Räuber nach der Küste Kleinasiens, wo er sie sämmtlich kreuzigen ließ. 
Bald nachher kehrte er nach Rom zurück, und lebte hier mehrere Jahre sehr 
verschwenderisch; besonders verschenkte er große Summen an das Volk und gab 
zum Vergnügen desselben köstliche Gastmähler und Spiele, um sich die Gunst sei¬ 
ner Mitbürger zu erwerben. Bald war er auch der Liebling des Volks in dem 
Grade, daß er es wagte, sich um das Amt eines Oberpriesters zu bewerben, 
welches sonst nur den ältesten und verdienstvollsten Rathsherren ertheilt wurde. 
Seine Mutter begleitete ihn am Tage der Wahl bis vor die Thüre, zwei¬ 
felnd und weinend. „Mutter," rief er, „du siehst mich als Oberpriester, oder 
als Verbannten wieder!" Er ging; und zum Erstaunen und Zittern der Raths¬ 
herren wählte ihn das Volk zum Oberpriestcr. 
Nach einem Jahre sollte er als Statthalter nach Spanien gehen; aber er 
hatte 12 Millionen Thaler Schulden, so daß ihn seine Gläubiger nicht aus der 
Stadt gehen lasten wollten. Da wußte er durch seine Gewandtheit den reicbsten 
Römer, Crassus, zu gewinnen, daß dieser für ihn gut sagte. Cäsar reis'te 
ab, und nach kurzer Zeit bezahlte er von der Einnahme in dieser Statthalter¬ 
schaft seine ungeheuren Schulden. Späterhin kehrte er nach Rom zurück und ver¬ 
einigte sich mit Pompejus und Craffus zur Theilung der Herrschaft über das 
römische Reich. Er nahm Gallien (Frankreich), Pompejus bekam Spanien, 
und Crassus ging nach Syrien. Dieses nannte man das Triumvirat oder 
die Dreimännerherrschaft. 
In Gallien zeigte er eine unglaubliche Thätigkeit; nach und nach unterwarf 
er sich alle Völker dieses Landes, und so bildete er sich ein tapferes Heer, wel¬ 
ches ihm treu ergeben war. Mit Pompejus entzweite er sich endlich und brach 
mit seinem Heere nach Rom auf, um ihn aus der Stadt zu vertreiben. Dieser 
floh mit seinen Anhängern nach Griechenland, wurde aber hier von Cäsar 
bei Pharsalus völlig besiegt. 
^Nachdem Cäsar seine Feinde zu Boden geworfen hatte, kehrte er nach Rom 
zurück und hielt einen viertägigen Triumph; er war nun Herr des ganzen römi¬ 
schen Reiches. Die unermeßlichen Geldsummen, die er in seinen Kriegen erbeutet 
hatte, wandte er a«, das Volk zu belustigen. Jedem Soldaten seines Heeres 
schenkte er H000 Thaler und jedem Bürger Noms 20 Thaler. Außerdem ließ er 
Korn und Ol austheilen und Spiele zu Master und zu Lande anstellen. Aber 
nach und nach war er so stolz geworden, daß die besteren Bürger sein Benehmen 
nicht mehr ertragen konnten. Die Unzufriedenen machten eine Verschwörung gegen 
sein Leben, an deren Spitze Brutus und Cassius standen. Der 15. März 
des Jahres 44 v. Chr. ward zur Vollführung ihres blutigen Vorhabens festge¬ 
stellt. Cäsar war gewarnt worden und batte auf inständiges Bitten seiner Frau, 
die in der Nacht zuvor durch furchtbare Träume geängstigt worden war, beschlos¬ 
sen, an diesem Tage nicht in die Nathsversammlung zu gehen; aber er machte 
sich doch auf den Weg. Auf der Straße steckte ihm ein warnender Freund einen 
Brief zu, in welchem die ganze Verschwörung entdeckt war. Er konnte ihn aber 
im Gedränge der Volksmenge nicht lesen. In der Versammlung wurde er von 
den Verschworenen mit Dolchen überfallen und sank, aus 23 Wunden blutend, 
von seinem Stuhle entseelt zu Boden — 44 v. Chr.
	        
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