] 
179 
Von diesem Augenblick 
War Bräunchen Emma's Unzertrennlicher. 
Er folgte überall im Hause ihr, 
Er kannte sie an ihrer Tritte Schall, 
An ihrer holden Stimme süßem Laut 
Frei flog in unserm Garten er umher, 
Doch aus dem Busch, vom höchsten Baum herab 
Kam er, sobald ihn Emma schmeichelnd lockte. 
Am Morgen flog er auf ihr Bettchen hin, 
Und küßte ihr die rosenrothen Lippen. 
Du glücklich Bräunchen, .durftest eher noch 
Wie ich und Mutter unsre Emma grüßen! — 
Die Schwester kränkelte, ward immer kränker, 
Und konnte bald das Zimmer nicht verlassen. 
Die Mutter scherzte freundlich oft mit uns, 
Sie lächelte, doch in dem Lächeln barg 
Sie eine ahnungsvolle, bange Thräne. 
Bräunchen verließ die arme Schwester nicht, 
Sie wollte sich auch nimmer von ihm trennen; 
Ihm klagte heimlich ihre Schmerzen sie, 
Die sie der Mutter und auch mir verbarg. 
Doch Bräunchen sang nicht froh und heiter mehr, 
Er war ganz still, er schien zu flüstern nur; 
Wenn er auf Emma's kleines Bette flog, 
So drückte er sein Köpfchen dicht an sie 
Und küßte sanft die schon so bleichen Lippen. — 
Einst waren Beide wir allein bei ihr, 
Ich glaubte, daß sie eingeschlafen sei, 
Da hört' ich sie mit schwacher Stimme rufen. 
Schnell eilte ich zu ihrem Bette hin. 
Leb' wohl, mein Bruder! hauchte sie; ich sterbe. 
Ich fühl' es, daß ich sterbe! wo ist Mutter? — 
Sie kommt sogleich, mein theures Schwesterchen! 
Noch einen Kuß, mein lieber, guter Bruder! — 
Ich beugte mich zu ihr, sie sank zurück, 
Und, —! da habe ich den Tod gesehn. 
Ich warf mich weinend zu des Bettes Fuß, 
12 *
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.