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seines Reiches werden zu sollen: er blieb blind bis zu seinem siebenten
Jahre, und stumm bis zum dreizehnten und war gelähmt und ge¬
krümmt an allen Gliedern. Darum verachtete man ihn und hielt
ihn nicht wie andere Königssöhne. Unterdeß erblindete Wermund
vor Alter.
Da nun ein Fürst, der über die Holsteiner herrschte, hörte,
daß das Land der Angeln wehrlos sei, sandte er Boten über die
Eider und ließ Wermund sagen, entweder solle er Zins geben und
sich ihm unterwersen, oder wenn er einen Sohn habe, diesen zum
Kampfe stellen. Diese übermüthige und höhnische Botschaft ward
dem alten Könige überbracht: er und alle seine Mannen mußten
dazu schweigen und den Uebermuth mit Schmerzen tragen. Da
aber erhub sich Offa, der zufällig im Saale war, und wie aus
einem schweren Schlafe erwachend dehnte er seine Glieder, aus dem
Lahmen ward ein kräftiger Mann, und der bisher stumm gewesen
war, fing nun an zu reden und gab den Boten zur Antwort, daß
er den Kamps bestehen wolle und sein Land werde zu wahren wissen.
Da ließ der blinde Vater ihn näher treten und betastete seine Glie¬
der, Brust und Arme und erkannte, daß sein Sohn geworden sei,
wie er selbst in seinen Jugendtagen. Offa bestimmte den Tag des
Kampfes und hieß die Boten die Antwort ihrem Herrn bringen.
Darauf forderte er ein Panzerhemd; aber jedes, das man ihm über¬
hängte, barst, so wie er sich dehnte, bis der alte König sein eigenes
bringen ließ und man es an der Seite, die der Schild schützte,
auftrennte und mit Riemen zusammen heftete. Auch jedes Schwert,
das man ihm reichte, zersplitterte wie ein dürrer Stecken, sobald er
es schwang. Da befahl der alte König, ihn zu einem Hügel zu
führen, in dem er früher sein Schwert, das trefflicher als alle
Schwerter ihm oft in Schlachten gedient, verborgen hatte: wenn
das nicht halte, würde ihm kein Schmied ein taugliches liefern
können. Als man es herausgrub, war es ganz rostig und voller
Scharten; damit aber wollte Offa den Kampf versuchen. Alle, die
das Wunder der Verwandlung des Königssohns gesehen hatten,
folgten ihm willig und getrost, und bald stand Offa mit seinem
Heere an der Landesgränze; an der andern Seite der Eider aber
standen die Holsteiner; eine Insel in der Mitte des Flusses, auf
der heute Rendsburg steht, war zum Kampfplatz ausersehen.
Der alte König aber ließ sich auf eine Brücke führen und um
nicht den Tod seines Sohnes und den schmachvollen Verlust seines
Reiches zu überleben, war er entschlossen, sich in den Fluß zu
stürzen, wenn Offa nicht siegreich den Kampf bestände. Beide Söhne
des holsteinischen Königs traten Offa auf der Insel entgegen; von
beiden zugleich angegriffen hielt er erst sich ruhig, den günstigen
Augenblick erwartend, und fing ihre Schläge mit dem Schilde auf.
Da trat Wermund, der es hörte und seinen Sohn für ungeschickt