294
Namen führen) sind fortwährend redende Gedächtnißtafeln der
vertriebenen, längst entschlafenen dänischen Bevölkerung Schwan¬
kens. Natürlich wich im Laufe der Jahrhunderte mit dem Aus¬
sterben und Verdrängen der alten Bevölkerung auch die dänische
Sprache an der Ostküste immer weiter nach Norden zurück, so
daß schon seit mehreren Jahrhunderten die plattdeutsche Sprache
die Volkssprache in der Landschaft Schwansen gewesen ist. Jen¬
seits der Schlei in der Landschaft Angeln ging es dagegen damit
ungleich langsamer. Das hängt so zusammen: Waldemar der
Sieger (v. Nr. 28) traf die unglückliche Bestimmung, daß nach
seinem Tode sein ältester Sohn Erich ihm in der Regierung
folgen, seine beiden jüngern Söhne aber als dessen Vasallen,
Abel in Südjütland, Christopher in Laaland - Falster,
regieren sollten, womit er den Grund zu 200jährigem blutigen
Hader gelegt hatte, da die südjütschen Vasallen in der Folge im
Bunde mit den holsteinischen Grafen fortwährend nach Unabhän¬
gigkeit vom Oberherrn, dem Könige, strebten. Als nach reichlich
hundert Jahren der letzte Herzog Südjütlands aus dem Stamme
Abels starb, ging gleichzeitig der zweite Sammler oder Schöpfer
der vaterländischen Monarchie, Waldemar Atter dag heim
zu den Vätern, und die sonst mit Recht hochgepriesene große
Königin Margaretha verlängerte das blutige südjütsche Drama,
durch die Verlehnung des Herzogthums an den holsteinischen
Grafen Gerhard VI., abermals um 100 Jahre. Als endlich kurz
nach der Thronbesteigung des Oldenburgischen Stammes der letzte
Herzog Schleswigs aus der männlichen Linie des alten holsteini¬
schen Grafenhauses gestorben, und Schleswig wie auch Holstein
dem Könige und der Krone Dänemarks wieder zugefallen waren,
hatten die Könige und ihre Rathgeber die seit Jahrhunderten ge¬
predigte blutige Lehre der Geschichte vergessen, schon der zweite
Oldenburger folgte der in Europa damals geltenden Mode — er
theilte Schleswig mit seinem jüngeren Bruder, gab ein Stück
von Holstein mit weg, und legte damit von Neuem den Grund
zu 300jährigem, oft blutigen Zwist, dessen letzte Zuckungen wir
erlebt haben, obwohl der König schon 1721 den treulosen Herzog
aus Schleswig verjagte, und seinen holsteinischen Besitz 1773 er¬
warb. Darum ist Schleswig oben der Erisapfel des Vaterlandes
genannt worden. Mit Waldemars des Siegers Tode beginnt