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der Stadt und Umgegend im Klöppeln oder Knippeln unter¬
richteten. Steinbocks Frau, Gehrke, trieb das Geschäft nach
dem Tode des Mannes eifrig fort und erwarb dabei großes
Vermögen. Eine Tochter heirathete Wolf Arends in Tondern,
und dessen Sohn Joachim Arends, geb. 1682, war später Probst
in Tondern und bekannt als Schriftsteller. — Die Fabrikation
ward später durch brabantsche Frauen vervollkommnet, welche durch
unsere Truppen, die 1712 unter Friedrich IV. in Brabant ge¬
wesen, hierher geführt wurden. Der Absatz nahm immer zu und
immer mehr Hände wurden dadurch in Arbeit gesetzt und viel
Vermögen dadurch erworben. Der jährliche Betrag des Absatzes
ist oft mehrere Tonnen Goldes gewesen, und 4/s davon kann als
Verdienst gerechnet werden. Was an Reichthum in Tondern ge¬
wesen — und das war viel — stammt .fast einzig daher. Ein
reicher Spitzenhändler, Peter Strück, hat das Waisenhaus in
Tondern und verschiedene Legate begründet. 1812 waren noch
12,000 Mädchen mit Klöppeln beschäftigt. Von 1825 an waren
sie eine Zeitlang sehr in Abnahme gekommen, aber die neueste
Zeit hat sie wieder ziemlich in Aufnahme gebracht. Vorzugsweise
werden die Spitzen fabricirt an der Westseite des Herzogthums
Schleswig von Leck bis Ripen, mit Ausnahme der Marschen.
Das Material, der Zwirn (früher in Tondern und Lygumkloster
auf eigner Fabrik bearbeitet, jetzt vom Auslande bezogen) erhalten
die Klöpplerinnen oder Knipplerinnen von dem Fabrikanten loth-
weise. Sie müssen dasselbe Gewicht an Spitzen wieder abliefern
und erhalten dann ihren Arbeitslohn ausgezahlt. Diese Ablieferung
nennt man „abschneiden". Alle arbeiten nach vorgelegten Mustern.
Diese werden auf Pergamentstreifen mit Knopfnadeln abgestochen
(Stichblatt oder Stechbrief). Der Unterricht beginnt im 6. bis
10. Lebensjahre. Anfangs wird nur mit 4 Klöppelstöcken ge¬
arbeitet und mit grobem Zwirn und noch gröberen Einschlägen,
Lohndrähten. Einige arbeiten Zeitlebens^nur nach einem Muster.
In der Nähe Ballums klöppelte z. B. eine Frau 40 Jahre nach
einem und demselben Muster, nur '/4 Zoll breit und ernährte doch
damit sich und ihre beiden Kinder redlich. Schlimm aber ist es,
daß sich mit dem Klöppeln, abgesehen von dem geringen Verdienst,
höchstens 12 bis 20 ßl. täglich, nicht andere Arbeiten nebenbei
betreiben lassen, wie dieß mit der Fabrikation der Wollenwaaren