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Sturm und Brandung übertäubenden Prasseln herunterstürzte —
er war zerschmettert. Die zersplitterten Trümmer tanzten und
wirbelten umher in dem krachenden Schaum.
Der Leichnam des Kapitains wurde nie gefunden, eben so
wenig war später sein oder des Schiffes Name und Heimath aus¬
findig zu machen. Während Alle damit beschäftigt waren das
Eintreibende zu bergen, ging ich hin, um das zuerst ans Land
gezogene Bündel zu besehen. Es bestand aus fest zusammen¬
geschnürten Kojenbetten und war an eine Kajütenthür befestigt.
Ich bückte mich um es aufzulösen, ahnend, ich weiß nicht was.
Da hörte ich mit freudiger Ueberraschung ein leises Wimmern;
ich zerschnitt die Stricke, riß die Kissen zur Seite — ein halb¬
jähriger Säugling lag vor meinen Augen.
(St. St. Blich er.)
86. Schiffbruch der beiden englischen
Linienschiffe ,,Defence" und „Sct Georg."
Am Weihnachtsabend 1811 strandeten zwei englische Linien¬
schiffe in der Nähe von Bovbergriff im Amte Ringkjöbing.
Das eine hieß Defence, d. i. Vertheidigung, und das andere
Sct. Georg, der Name des Schutzheiligen Englands in der
katholischen Zeit. Man sollte glauben, daß Schiffe mit solchen
Namen sich wohl stehen könnten; aber was kümmert die Nordsee
sich denn um Namen? Sie kennt weder Freund noch Feind,
wenn sie empört und gierig nach Beute ist.
Diese beiden Schiffe saßen auf dem äußersten Sandriff fest,
aber nur gut eines Steinwurfes weit vom Lande, so daß die
Dünenbewohner deutlich die Kleidertrachten der Frauen und
Männer von einander unterscheiden konnten; sie sahen wie sie
gepeinigt von Todesangst durch einander hin und her rannten,
wie die Damen vor R eynald, dem Admiral knieten; die Sterne
auf seiner Brust glänzten durch den Schaumdampf hindurch,
aber der Stern der Hoffnung verbarg sich vor ihnen. De¬
fence, der kleinere von diesen beiden stolzen Orlogmännern,
bohrte sich unablässig tiefer und tiefer in den Sand, und begrub
sich zuletzt selbst. Sct. Georg widerstand viel kürzer: eine einzige
ungeheure Welle erhob sich bis über den dritten Mast, brach
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