/
36
6. Tod des Großen Kurfürsten. In den letzten Lebensjahren war
der Große Kurfürst häufig krank. Er hatte sich im Kriege Schmerzen
in den Gliedern zugezogen und erkrankte dann an der Wassersucht. Die
Ärzte erklärten, daß er sterben werde. Da rief er seine Familie und
seine Minister ans Bett und nahm von ihnen Abschied. Alle weinten.
Zuletzt sprach er: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt; der wird mich aus
der Erde wieder auferwecken." Dann starb er. Wir nennen ihn mit
Recht den Großen Kurfürsten,- denn er hat das kleine Brandenburg stark
und mächtig gemacht und die Bürger an Fleiß und Arbeit gewöhnt.
Der erste Kurfürst aus dem Hause Hohenzollern hieß
Die Familie der Hohenzollern regiert heute noch in Preußen;
denn auch der Kaiser Wilhelm II. gehört ihr an. Ihre Stammburg
liegt auf einem Berge Süddeutschlands. Der Berg heißt ebenfalls der
Hohenzollern. Friedrich I. war von dem Kaiser zum Burggrafen von
Nürnberg ernannt worden. Weil er dem Kaiser immer treu ergeben
war, setzte ihn dieser als Hauptmann in der Mark Brandenburg
ein. Im Jahre 1415 übertrug er ihm die Mark als Eigentum. Da¬
mals war die Mark sehr klein. Weil der Kaiser sich um sie nicht ge¬
kümmert hatte, hatten die Feinde Teile derselben weggenommen. Raub¬
scharen zogen in der Mark umher. Am schlimmsten waren die Adligen.
Sie überfielen die Kaufleute auf den Straßen, verwüsteten die Dörfer,
trieben dem Landmann das Vieh weg und erschlugen die Hirten.
Friedrich aber wollte solchen Unfug nicht länger dulden. Er forderte
Ruhe und Gehorsam. Die Adligen aber sagten: „Und wenn es ein
ganzes Jahr Burggrafen regnet, so soll doch keiner in der Mark aus¬
kommen." Aber damals war gerade das Schießpuloer erfunden worden,
und man fing an, Kanonen zu bauen. Auch der Kurfürst verschaffte sich
eine Kanone. Man nannte sie „die saule Grete." Zwanzig Ochsen
waren notwendig, um sie fortzuschaffen. Damit beschoß er die Burgen
der Ritter. Von den Kugeln wurden die Mauern durchbohrt, und die
Ritter ergaben sich. Viele wurden mit dem Tode bestrast, die andern
versprachen Gehorsam. So kam Ruhe und Ordnung ins Land. Aber
der Kurfürst konnte nicht bis an sein Ende im Lande bleiben; der Kaiser
brauchte feine Dienste. Denn der Kurfürst war ein kluger, tapferer
Mann und hat dem Kaiser immer die besten Ratschläge gegeben. Aber
seine Söhne hielten die Ruhe in der Mark aufrecht.
Friedrich I
(1415 — 1440.)
©ttc 9utemann. Brtflou, 6Aubbrft<ft ST