Full text: Theoretisch-praktisches Handbuch für den Anschauungsunterricht

- 331 —— 
dünner, spitzer und leichter, als die der ersten 3 Kornartcn, meistens auch 
dickschaliger. Ganz verschieden ist die Farbe und Größe der Körner der ver¬ 
schiedenen Arten; sie sind weiß, gelblich, grau oder braunschwarz. 
Bei uns baut man den Hafer, so viel ich weiß, nur als Sommer- 
frucht; doch soll der schwere englische Hafer auch als Wintersaat gebaut 
werden können. Die Zeit der Aussaat ist sehr unbestimmt; sie reicht vom 
März bis in den Mai, doch wird der meiste wohl im April gesäet. Er 
keimt sehr schwer und entwickelt sich in der ersten Zeit sehr langsam, gut 
nur bei sehr feuchtem Wetter. Wie bei allen Getreidearten vertrocknen die 
Blätter bald nach der Blüthezcit; die Zeichen der Reise sind die gewöhn¬ 
lichen : gelbe Halme und harte Körner. Die Ernte geschieht Ende August 
und Anfang September. 
In der Bearbeitung des Landes zum Haferban, bei der Aussaat u. s. w. 
finden große Verschiedenheiten Statt. Im Allgemeinen verlangt der Hafer 
wenig Bearbeitung, ist zufrieden mit einem mäßigen Boden, kömmt selbst im 
schlechten noch ziemlich fort/ und erfordert wenig Düngung. Er verträgt 
Wärme und Kälte, auch starken Wechsel von beiden. Man läßt ihn oft als 
zweite Frucht auf Weizen oder Roggen folgen, besonders da, wo man nicht 
Gerste bauen kann ; in gutem Lande sogar als dritte Frucht auf Weizen 
und Gerste. 
Beim Dreschen trennen sich die Körner schwer vom Stroh; um dies 
zu erleichtern, läßt man ihn zwischen Mähen und Einfahren stark bethanen 
oder gar beregnen und drischt ihn am liebsten bei starkem Froste. 
Das kurze, platte Haferstroh wird allein als Streu, mit den Körnern 
als Winterfutter für Rindvieh und Schafe gebraucht, Hafcrgarben-Häckcr- 
ling, plattdeutsch Habergarben-Hackels. Die Fruchtkörner, zur Hälfte mit 
Häckerling vermischt, sind das gewöhnlichste Pserdcfutter; in feuchtes Futter 
gemengt, bekömmt sie auch das Rindvieh, trocken die Gänse, Enten und 
Hühner. Um den Hafer als grünes Futter zu benutzen, säet man ihn auf 
fettem Boden und mäht ihn 3—5 Mal. 
In Mühlen werden die Körner von den Spelzen befreit und zu 
Grütze gemacht. Hafergrütze zu Wellingen verkocht ist eine beliebte Krankcn- 
speise. — 
Haferbrot backt und ißt man nur in rauhen und ärmlichen Gegenden, 
z. B. Norwegen und Schottland. 
51. Einige andere Gräser. 
Schon der Anfänger in der Pflanzenkunde weiß, daß eine umsaffende 
Kenntniß der Graser äußerst schwierig \u erlangen ist, indem die Bestimmung 
der circa 2000 vorhandenen Arten selbst für das geübte Auge eines wirk¬ 
lichen Botanikers keine leichte Aufgabe ist. Gleichwohl sind die Gräser die 
wichtigsten aller Pflanzen, denn mit ihrem Anbau hängt der Wohlstand und 
die Cultur der Völker, wenigstens auf unserer nördlichen Erdhälfte auf's 
Innigste zusammen. Sic sind die Grundbedingung des Ackerbaues und der 
Viehzucht, denn sie geben den meisten der gezähmten Thiere 5as Hauptfutter 
und liefern überdies Millionen von Mensche» das tägliche und hauptsächlichste 
Nahrungsmittel. Die letzter» als Getreide auf Feldern gebauten Gräser 
nennt man bekanntlich Cerealien; bei ihren: Anbau besteht die Aufgabe darin,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.