Full text: Deutsches Lese-, Lehr- und Sprachbuch für Schule und Haus

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geringern Verschuldungen, besonders bei Unterlassungssünden dargebracht 
wurde. — Andere religiöse Gebräuche waren: Räuchern, ein Symbol 
des Gebets, Reinigung mit Sprengwasser, Fasten, Gelübde, Beschnei¬ 
dung. Fremdlinge, welche die Beschneidung und das Ceremonialgesetz 
annahmen, hießen Proselyten der Gerechtigkeit (Judengenossen, Gottes¬ 
fürchtige); außer ihnen gab es noch Proselyten des Thores, d. i. solche, 
die sich zum Judenthume hielten, ohne wirklich übergetreten zu sein. — 
Zur Zeit Jesu bestanden drei Religionösecten, die wesentlich von 
einander verschieden waren: 1. Die Pharisäer, d. h. die Abgesonder¬ 
ten. Diese Seete war besonders zahlreich. Sie nahmen außer der 
heiligen Schrift noch andere Satzungen als göttlich an. Der Buchstabe 
galt ihnen mehr als der Geist, und deshalb hielten sie strenge auf man¬ 
cherlei äußerliche Verrichtungen und glaubten dadurch Gott einen beson¬ 
dern Dienst zu erweisen, waren stolz und voll Heuchelei. Doch gab es 
auch rechtschaffene Leute unter ihnen. Jesus aber tadelte häufig ihre 
Scheinheiligkeit, nannte sie reißende Wölfe in Schafskleidern rc. und 
wurde deshalb sehr vo» ihnen gehaßt. 2. Die Sadducaer stan¬ 
den den Pharisäern gegenüber. Sie hielten sich nur an das geschrie¬ 
bene Gesetz, leugneten das Dasein der Engel und die Auferstehung der 
Todten und lehrten: der Mensch müsse tugendhaft sein aus Liebe zur 
Tugend. Sie waren größtentheils in aller Gemächlichkeit lebende reiche 
Leute, die im irdischen Wohlleben die höheren Bedürfnisse des Geistes 
vergaßen. Ihre Secte war nicht sehr zahlreich. So feindlich sie auch 
den Pharisäern gegenüber standen, so machten sie doch gemeinschaftliche 
Sache mit ihnen, wenn es galt, die Lehre Jesu zu unterdrücken. 3. 
Die Essäer. Diese Secte wird nicht in der Bibel genannt, denn sie 
machte sich öffentlich wenig bemerkbar. Sie lebten zurückgezogen, führten 
ein thätiges Leben und beschäftigten sich viel mit der Heilkunde. „Liebe 
Gott, die Tugend und den Nächsten!" war ihr höchstes Gebot, „Bete 
und arbeite!" die Regel ihres Lebens. Nach ihrem Grundsätze, daß alle 
Menschen gleich seien, war Knechtschaft bei ihnen nicht erlaubt. Ein 
Ja und ein Nein waren ihnen ebenso heilig, wie ein Eid. 
26. Der Zustand der christlichen Kirche in der ersten Zeit. 
1. So lange die Apostel lebten, genossen sie vor andern Gläu¬ 
bigen dag höchste Ansehen. Schon früh waren ihnen zur Seite Dia- 
tonen (Helfet) erwählt worden, welchen besonders die Armen- und 
Krankenpflege oblag. Zog Paulus von einem Orte weg, so verordnete 
er der Gemeinde Aelteste (Presbyter, Priester) und Aufseher (Bi¬ 
schöfe). Sie hatten das Evangelium zu predigen und die heiligen Ca- 
kramente zu verwalten. Anfangs gab es unter ihnen keinen Unterschied; 
erst nach der Apostel Zeiten, als die Gemeinden immer größer wurden, 
erhielt einer von den Aeltesten als Oberaufseher einen Vorrang an Macht 
und Ansehen; der wurde nun allein mit dem Bischofsnamen beehrt, wäh¬ 
rend die übrigen Priester genannt wurden. Alle wurden unter Gebet 
und Handauflegung in ihr Amt eingesetzt; so ist es apostolische Ordnung 
geblieben in der christlichen Kirche bis auf den heutigen Tag.
	        
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