42
Dann ein Satz, und ich stehe vor einem leeren Schützenloch. Die an—
deren folgen. Links ist der Schützengraben. Was nun? Kurze Pause.
„Ich gehe jetzt, als wenn ich Freund wäre, hinter dem Graben entlang!
Aufpassen!“ Innerlich fürchterlich aufgepeitscht, äußerlich ruhig, gehe ich
schnell seitwärts. Meine Brust arbeitet. Ich winke die anderen zu mir
Aber was ist hinter diesem Graben? Er kann unmöglich die Haupt—
stellung sein. Er ist nachlässig gearbeitet. Unsere Aufgabe ist noch nicht
erfüllt: „Weiter!“ Wieder gehen wir wie Katzen vor. Aber kaum sind
10 m zurückgelegt, hebt sich wieder ein Wall vor uns, dunkel, fast wie
Wald. Oder ist's Wald? Doch nein, dazu ist die Krone zu gleichmäßig
und auch zu gleichmäßig unterbrochen durch viereckige Erhöhungen. „Weiter!“
Fünf Schritte sind wir geschlichen. Es muß die Hauptstellung des Feindes
sein. Eine Weile überlege ich. „Ich gehe heran. Verhalten Sie sich ganz
ruhig!“ Aufrecht schreite ich schnell vor. Mein Ziel ist eine Erhöhung der
Böschung. Im Notfall kann ich mich dahinter verbergen. Jetzt stehe ich
davor. Was ist das? Zwei Schießscharten starren mich an. Rasch springe
ich seitwärts und werfe mich hinter die Brustwehr. Fest angeschmiegt
liege ich da. Nichts rührt sich. Ist der Graben unbesetzt? Die drei
kommen langsam nach. Kein Schuß. Vorsichtig hebt sich mein Kopf über
die Brüstung. Kein Mensch drinnen zu sehen. Im schmalen Gang liegen
Pflöcke und Draht, auf der Rückenwehr Büchsen und Flaschen. „Ich gehe
hinein! Vielleicht ist er verlassen!“ Ich rutsche über den Erdaufwurf.
Jetzt sitze ich oben. Kein Laut. Meine Linke tastet nach der Rückenwand
des Grabens. Da rollt der harte Lehm herunter und schlägt laut auf
Blech auf. Nun bin ich verraten. Aber nichts regt sich. Ein kurzer,
elastischer Sprung — ich stehe im feindlichen Schützengraben. Ich lausche
wieder. Nichts. Nur links dasselbe lebhafte Patrouillenfeuer. Der Kopf
des Fähnrichs hebt sich schwarz über die Brustwehr. Schritt für Schritt
schreite ich den Graben entlang. Er windet sich schlangenartig hin.
Prachtvolle Stellungen. Großartige, dickdeckige Unterstände mit Schieß—
scharten. Das Stroh ist vollständig frisch. Doch niemand zu sehen. Ich
schreite weiter vor. Jeden Augenblick kann ich einem Feinde gegenüber—
stehen. Ich denke an meine Frau: „Werd ich dich wiedersehen?“ Eine
Sternschnuppe fällt. Mein Herz arbeitet rasch. Die Hand ist aber ruhig.
Im nächsten Augenblick krallt sie sich vielleicht in den Hals eines Ahnungs—
losen. Weiter! Da, in diesem Unterstand etwas Dunkles. Wahrscheinlich
ein Schlafender. Ich stehe ganz still. Im Halse fühle ich den Pulsschlag.
Jetzt entscheidet sich alles. Zentimeterweise nähert sich meine Hand dem
dunkeln Gegenstande. Jetzt berühren ihn die Fingerspitzen. Eine Decke