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frage nach dem Verlornen unserer Anzeige zuvor kommen wird. —
H. Aber könnten wir denn nicht-- F. Nun, was denn? —
H stillschweigen und thun, als ob wir nichts gefuubcu hät¬
ten, denn keiner hat uns doch — F. Wir sollten also
Diebe werden, meinst du; beim das würden wir, wenn wir wis¬
sentlich und absichtlich fremdes Eigenthum behielten. Nein, Hans,
wenn du ein so schlechter Junge bist, so mag ich nichts mehr mit
dir zu thun haben. — H. Diebe? Nein, wenn du das meinst —
aber es ist doch verdrießlich — ich hatte mich schon so gefreut. —
F. Wir wollen uns darüber freuen, daß der, welcher das Geld
verloren hat, es wieder erhalten wird. Vielleicht war es ein ar¬
mer Bote, der jetzt in der größten Angst ist und sich nur damit
tröstet, daß ein ehrlicher Finder es gefunden. — H. Es ist wahr
Fritz! Meine Gedanken waren auf einem bösen Wege — es soll
künftig nicht wieder so kommen. — (Er reichte Fritz die Hand und
dieser schlug ein.)
75. Der ehrliche Tagelöhner.
In Berlin war einst ein alter Tagelöhner, der immer gebrech¬
licher wurde. Daher wurde er nicht mehr überall in Arbeit ver¬
langt, wo er früher gearbeitet hatte. Aber in einem Hanse nahm
ihn der Herr noch recht gern zur Arbeit. Einmal hatte er hier an
einem sehr kurzen Wintertage Holz gespalten, und als es nun Abend
geworden war, erhielt er eben' so viel Tagelohn, wie an dem läng¬
sten Sommertatze. Er weigerte sich lange, so viel zu nehmen, und
wollte das Drittel davon wieder zurückgeben, denn das habe er
nicht verdient, sagte er. Da man ihm aber seinen Willen nicht
that, steckte er endlich das ganze Geld in die Tasche und sagte
nichts weiter. Einige Tage darauf, in einer mondhellen Nacht,
hörten die Leute dieses Hanfes im Hofe Holz sägen. ES war der
alte Tagelöhner. Die Hauömagd fragte ihn, warum er denn heute
so sehr frühe zu arbeiten anfange. Er antwortete: Was ich am
Montage zu viel bekommen habe, das will ich heute abverdiencn.
76. Die Wiedererstattung.
Ein Mensch, der durch falsche Rechnungen seinen Herrn um
viel Geld betrogen hatte, verfiel in eine schmerzliche und gefährliche
Krankheit.. Da wachte sein Gewissen in den langen schlaflosen
.Nächten auf. Er wußte vor Angst nicht zu bleiben. Endlich ließ
er den Prediger rufen und bekannte ihm, was er gethan hätte.
Der Prediger, ein christlicher Mann, sagte ihm, daß er nicht eher
Trost erlangen könne, bis er sein gethanes Unrecht, so viel an ihm
wäre, wieder gut gemacht und das gestohlene Gut seinem Herrn
wieder gegeben hätte. „Wenn ich das thue," sagte der Kranke,
„so werde ich zu Schanden vor der Welt, und meine unschuldige
Frau und Kinder müssen betteln." — „Wer Unrecht thut, dem ge¬
bührt Schande," antwortete der Prediger, „und wenn eins sein