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muß, so ists besser hier zu Schanden werden als dort. Thut ihr
wenigstens von nun an eure Pflicht, da ihr sie nicht eher thatet,
gebt ein grites Exempel und überlaßt es dann Gott, die Enrigen
zu versorgen." Der Kranke war dieser Ermahnung gehorsam, und
der Prediger empsing das Geld von ihm, um cs dem Herrn mit
der demüthigen Bitte zuzustellen, ihm seine schlechten Handlungen
um Gottes willen zrr vergeben. Der Herr nahm das Geld und
ließ dem Kranken herzliche Verzeihung zusichern, uird dieser starb
nun ruhig und getröstet. Nach seinem Tode schenkte der rechtschas-
fene Herr dieses Geld den Hinterbliebenen. So hatte Gott für
das Heil vieler Personen gesorgt; denn im Himmel, war Freude
über einen Sünder, der Buße gethan hatte, sowie über den verge¬
benden Herrn, und die durch des Sterbenden Wiedererstattung ver¬
armte Familie genoß nun durch des Herrn Gnade mit Recht und
im Segen ein Gut, welches ihr sonst, auch wenn es verschwiegen
blieb, als ein ungerechtes« Gut doch nur Fluch'und Unscgen ge¬
bracht haben würde.
77. So jemand die Seinen, sonderlich seine Hausaeuossen, nicht
versorget, der hat den Glauben verleugnet und ist arger denn ein
Heide.
In dem Städtchen Lunzenau in Obersachscn wurde im »Jahre
l 7*8 eine Mutter begraben, die ein seltenes Beispiel von kindlicher
Liebe uub Treue an ihrem Sohne erlebte. Sie war die Frau ei¬
nes Fleischers, Namens Taubert, welcher damals 7 Kinder hatte,
wovon 5 daselbst verheiratet waren. Diese verloren alle, so wie
ihr Vater, in einem unglücklichen Brande 1781 ihre Häuser mit
allem, was darin war. Einer seiner Söhne war Actuar in der
Herrschaft Lichtenwalde nnb hatte so viel Einkommen von seiner
Stelle, als er zn seiner Nothdnrft und zur Ehre seilles Hauses
bedurfte, war aber nilverhciratet. Dieser schränkte nach diesem Un¬
glücke sciller Familie feine Ausgaben so sehr ein. als ob eö ihn
selbst betroffeil hätte, unterstützte seine Geschwister ailfs möglichste
bei Erbauung ihrer Häuser, banetc seines Vaters Hanö größten-
theils ans eigenen Mitteln wieder ans, übernahm die Verzinsung
des Kapitals, was dazu anf^enommen werden mußte, versorgte
feine betagten Eltern seitdem mit Brot, Holz und anderll Bedürs-
nisscil, bestritt die Verpflegung seiner Mutter in ihrer langwieri¬
gen Krankheit lind ließ sie ans feine Kosten beerdigen, als der Tod
sie endlich erlöste.
78. Vier Regeln für den Hausstand.
1. Bete und arbeite! Bete! heißts zuerst. Das ist der Mvr-
gensegen und der Tagessegen und der Abenvsegen. Wo das Gebet baS
Tagewerk beginnt, fortsetzt und endet, da hilft Gott arbeiten. Es geht
frisch und freudig von der Hand und giebt ein ordentlich Stück. Da
ist das „Arbeite!" keine fast und Bürde, sondern eine Lust und Würde.