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stammte vermachte. Seine verständige Frau rieth ihm, die Erb¬
schaft zu verkaufen, aber er wollte nicht; denn der Weinberg hatte
eine sehr schöne Lage und es war auch ein nettes Gartcnhäuschen
darin, worin sich fortan der Handwerksmann sehr gern aufhielt.
Dann bestickten ihn müssige Leute aus allerlei Ständen, die er mit
trockenem Munde weggehen zu lassen sich schämte. Das Häuschen
ward ihm nun bald zu klein. Er schaffte mehr Hausgeräth an
und baucte endlich gar das Haus größer. Als er nun darüber
sein Handwerk versäumte und wenig zu Hause war, thaten die Ge¬
sellen, was sie wollten, arbeiteten schlecht, und er verlor bald alle
Kunden. In wenigen Jahren mußte er den Weinberg Schulden
halber verkaufen, und weil er nun einmal das Müssiggehen ge¬
lernt hatte, so konnte er die anhaltende Arbeit nicht wieder gewohnt
werden, insonderheit, da er nun nicht mehr selbstständig als Meister
bestehen konnte, sondern als Geselle arbeiten mußte. Aus Gram
starb er in seinen Blütejahren.
Müssiggang ist aller Laster Anfang, der Leute Untergang, des
Teufels Ruhebank.
05. Was ein alter, erfahrner Mann vom Saufen sagt.
Wenn du immer Durst habe» willst, dann lerne das Branntweinsanfrn; je
mehr du da trinkst, desto mehr Durst wirst du habe», und weuu du abgesetzt hast,
wird schon wieder Verlangen da sei» für einen andern Zug. — Wen» du gern
arm werde» willst, so lerne das Saufen, dann wird dein Vermögen bald dahin
sein. — Wenn du ein Spott der Welt sein willst, so lerne das Saufen, dann
wird bald jeder mit Verachtung dich anblieken, sogar die Kinder auf der Straße
werden dich für einen Narren halten. — Wen» d» früh alt werde» willst, dann
lerne das Saufe», so wirst du alt, bevor die Jahre kommen. — Wen» du deine
Tage verkürzen und ein Selbstmörder werden willst, so lerne das Saufen, denn
dadurch wirst du unfehlbar ein Selbstmörder werden. — Wenn du gern deinen
Verstand los wärest, so lerne das Saufen, und du wirst bald, anstatt klug, so
dumm wie ei» Esel werden, denn dein Verstand geht dahin. — Wenn du ein
Taugenichts werden willst, so lerne das Saufen, dann wirst du bald unbrauchbar
werden in nützlichen Sachen, beides in» Weltlichen und im Geistlichen.— Halst
du dich für z» stark, so werde ein Trunkenbold, und du wirst bald unterjocht
sein. — Wenn du deine Familie unglücklich machen willst, so lerne das Saufen,
dann folgt allerdings Unglück der Familie, als Streit, Dürftigkeit ic. — Willst
du dem gesellschaftliche» Leben eine Pest sein, so sei ein Trunkenbold, und man
wird dich bald als ansteckend melden. — Willst du Fenster und Lampen einschla¬
gen, Streit erregen, oder möchtest d» gern zerbrochene Knochen haben, unter
Pferde und Wagen taumeln und in die Wache kommen, so sei ein Trunkenbold,
und es wäre sonderbar, wenn es dir damit nicht glücke» sollte. — Wünschest du
in ein Irrenhaus eichgesperrt zn werden, so lerne das Branntweinsaufen, das ist
der nächste Weg dahin. — Wünschest du deinen Körper zu zerstören, so sei ein
Trunkenbold, denn Trunkenheit ist die Mutter der Krankheit. — Wenn du alles
treiben willst, was schlecht ist und die Leute verdrießet, so lerne das Saufen,
denn das Saufen ist eine Wurzel alles Nebels und macht den Mensche» fähig zu
allen böseii Handlnnge». — Willst du den Himmel verliere», so ergieb dich dem
Trnnke, denn die Trunkenbolde werden das Reich Gottes nicht ererben
06. Der zufriedene Knecht.
Karl diente bei geringen, aber frommen Bürgersleuten, wo