315 
55. Das Weltall oder Universum. 
Ohne Grenzen und also unermeßlich, unendlich ist die Welt, das Welt¬ 
gebäude oder Weltall. Unzählig viele Körper bilden dasselbe, die als mehr 
oder minder Helle Sterne unserm Auge erscheinen und in dem unbegrenzten 
Raume schweben, den wir Himmel nennen. Daher heißen sie auch Himmels¬ 
oder Weltkörper. Wie viele solcher Körper oder ungeheure Massen es aber 
gibt, das kann kein menschliches Auge sehen, kein Verstand ermessen, kann 
durch keine Zahlen ausgedrückt, durch keine, auch nicht die kühnste Einbildungs¬ 
kraft erfaßt werden. „Es gibt," sagt Bode, der große Kenner des gestirnten 
Himmels, „Legionen Welten, die der Allmächtige zahllos, wie Körner des 
Sandes, in dem grenzenlosen Raume ausgesäet hat." Auch Klopstock, 
einer der größten deutschen Dichter, singt: 
„Ehre dem Wunderbaren, 
Der unendliche Welten in den Ocean der Unsterblichkeit aussäete 
Und sie mit Heerscharen Unsterblicher füllte, 
Daß sie ihn liebten und selig wären durch ihn!" 
Groß und herrlich sind viele Werke der Kunst; aber größer und mehr, 
als sie, ist doch der Künstler, der sie in's Dasein rief. Majestätisch und erha¬ 
ben ist das Weltall; aber größer und unendlich mehr, als dieses unermeßliche 
Gebäude, ist doch das Wesen, welches dasselbe schuf. Falle nieder, im Staube, 
o, Sterblicher, und bete an die Allmacht deines Gottes! 
Zweiter Theil. 
Vierter Abschnitt. 
1. Semiramis. 
Im grauen Alterthume lebte in Syrien ein Ehepaar, das der Himmel 
mit einem lieblichen kleinen Mädchen beschenkte. Die Mutter aber ward durch 
Umstände, die wir nicht näher kennen, gezwungen, das Kind auszusetzen. De߬ 
halb trug sie es in eine öde Felsengegend und überließ es hier seinem Schick¬ 
sale. Der liebe Gott aber, der selbst des Würmleins nicht vergißt, erbarmte 
sich auch des unschuldigen Kindes, und wie er einst dem Propheten Elias durch 
Raben Speise zuschickte, so ließ er das kleine Mädchen burch Turteltauben er¬ 
nähren, die in großer Zahl in den Felsen nisteten und dem Kinde die Bro¬ 
samen zutrugen, welche von dem Mahle der unfern weidenden Hirten übrig 
blieben. Dies dauerte eine geraume Zeit, bis die Hirten, aufmerksam gemacht
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.