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19. Das gute Heilmittel. 
Kaiser Joseph in Wien war ein weiser und wohlthätiger Monarch, 
wis Jedermann weiß; aber nicht alle Leute wissen, wie er einmal der Doctor 
gewesen ist und eine arme Frau geheilt hat. 
Eine arme kranke Frau sagte zu ihrem Büblein: „Kind, hol' mir einen 
Doctor; sonst kann ich's nimmer aushalten vor Schmerzen!" Das Büblein 
lief zum ersten Doctor und zum zweiten; aber keiner wollte kommen; denn 
in Wien kostet ein Gang zu einem Patienten einen Gulden, und der arme 
Knabe hatte Nichts, als Thränen, die wohl im Himmel für gute Münze gelten, 
aber nicht bei allen Leuten auf der Erde. 
Als er aber zum dritten Doctor auf dem Wege war, fuhr langsam der 
Kaiser in einer offenen Kutsche an ihm vorbei. Der Knabe hielt ihn wohl für 
einen reichen Herrn, ob er gleich nicht wußte, daß es der Kaiser war, und 
dachte: „Ich will's versuchen." „Gnädiger Herr," sagte er, „wollet ihr mir 
nicht einen Gulden schenken? Seid so barmherzig!" Der Kaiser dachte: „Der 
faßt's kurz und denkt: Wenn ich den Gulden auf einmal bekomme, so brauche 
ich nicht sechzigmal um den Kreuzer zu betteln." „Thut's ein Zwanziger nicht 
auch?" fragte der Kaiser. Das Büblein sagte: „Nein," und offenbarte ihm, 
wozu er des Geldes benöthigt wäre. Also gab ihm der Kaiser den Gulden 
und ließ sich genau von ihm beschreiben, wie seine Mutter heiße und wo sie 
wohne, und während das Büblein zum dritten Doctor springt, und die kranke 
Frau daheim betet, der liebe Gott wolle sie doch nicht verlassen, fährt der 
Kaiser zu ihrer Wohnung und verhüllt sich ein wenig in seinen Mantel, also, 
daß man ihn nicht recht erkennen konnte, wer ihn nicht darum ansah. Als er 
aber zu der kranken Frau in ihr Stüblein kam, und es sah recht leer und be¬ 
trübt darin aus, meint sie, es sei der Doctor, und erzählt ihm ihren Umstand, 
und wie sie noch so arm dabei sei und sich nicht pflegen könne. Der Kaiser 
sagte: „ Ich will euch denn jetzt ein Recept verschreiben," und sie sagte ihm, 
wo des Bübleins Schreibzeug ist. Also schrieb er das Recept und belehrte die 
Frau, in welche Apotheke sie es schicken müsie, wenn das Kind heimkomme, 
und legte es auf den Tisch. 
Als er kaum eine Minute fort war, kam der rechte Doctor auch. Die 
Frau verwunderte sich nicht wenig, als sie hörte, er sei auch der Doctor, und 
entschuldigte sich, es sei schon einer da gewesen und habe ihr Etwas verordnet, 
und sie habe nur auf ihr Büblein gewartet. Als aber der Doctor das Recept 
in die Hand nahm und sehen wollte, wer bei ihr gewesen sei, und was für 
einen Trank oder was für Pillen er ihr verordnet habe, erstaunte er auch nicht 
wenig und sagte ihr: „Frau, ihr seid einem guten Arzte in die Hände gefal¬ 
len; denn er hat euch 25 Dublonen verordnet, beim Zahlamte zu erheben, 
und unten dran steht: Joseph, wenn ihr ihn kennt. Ein solches Magen¬ 
pflaster und Herzsalbe und Augentrost hätte ich euch nicht verschreiben 
können."
	        
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