Full text: Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde

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Bremen, Lübeck und Frankfurt. Die drei erstem liegen in Nie¬ 
derdeutschland, zwar nicht unmittelbar an dem Meere, aber doch 
nahe genug, um vermittelst der in ihrer Nähe mündenden Flüsse See¬ 
handel treiben zu können. Frankfurt kann sich an Schifffahrt mit 
jenen nicht messen, denn der es durchfließende Main ist nur ein Strom 
zweiten Ranges, auf welchem bloß kleine Schiffe fahren können. Desto 
wichtiger ist sein Handel zu Lande, welcher durch zwei jährliche Messen 
unterstützt wird und welchen die nach verschiedenen Seiten angelegten 
Eisenbahnen wohl noch verstärken werden. 
Die unbedeutendste der vier Städte ist jetzt Lübeck. Vor Zeiten 
dagegen war sie die mächtigste Stadt in ganz Deutschland, sie stand 
damals an der Spitze des»großen deutschen Städtebundes, der Hansa, 
wovon ihr später mehr erfahren werdet. Durch verschiedene Ursachen 
aber ist sein Handel nach und nach in Verfall gekommen, und es hat 
jetzt nur noch Spuren seiner ehemaligen Größe. Seine 21,000 Ein¬ 
wohner machen nur ungefähr die Hälfte der Bevölkerung Bremens oder 
Frankfurts aus, und Hamburg hat sich gar zu eiuer fast sechsmal stär¬ 
keren Einwohnerzahl erhoben. Unter den alten Gebäuden Lübecks sind 
viele sehr ansehnlich und hoch, wodurch die Stadt eiu gar stattliches 
Ansehen erhält. Es sind sogar zwei Kirchen da, deren jede zwei gleiche 
Thürme besitzt, wovon jeder wieder zu den höchsten in Deutschland ge¬ 
hört. In einer dieser Kirchen befindet sich nicht nur eine äußerst große 
Orgel, sondern auch eine Uhr, welche nicht bloß die Stunden, Tage 
und Jahre, sondern auch den Aufgang der Sonne, die Fiiffternisse an 
Sonne und Mond, und Ähnliches angiebt. 
Hamburg ist nach Wien und Berlin die größeste Stadt in 
Deutschland überhaupt, und trotz der Verluste, die sie durch den großen 
Brand im Jahre 1842 erlitten hat, eine sehr reiche Handels¬ 
stadt. Ihre 150,000 Einwohner leben fast alle von dem Handel und 
der Schifffahrt, und die ganze Stadt ist für solche Zwecke eingerichtet. 
Deshalb ist sie großentheils von Kanälen durchschnitten, worauf man 
die Waaren in die Magazine und heraus transportirt, wodurch freilich 
der niedrig liegende Theil der Stadt noch leichter als schon seiner Lage 
nach überschwemmt wird. Zu den Schönheiten von Hamburg gehört 
ein rings mit Alleen umgebener Weiher, worauf man im Sommer in 
Nachen, im Winter in Schlitten fährt oder Schlittschuhe läuft, und wo 
sich zu allen Zeiten wenigstens Spaziergänger sammeln. Das Innere 
der Stadt war früher sehr unfreundlich wegen der engen Straßen und 
hohen Häuser und vorzüglich wegen der sogenannten Gänge, welche enge 
überbaute Gäßcheu sind, wo in einem einzigen Gebäude oft 20 bis 30 
arme Familien wohnen. Denn auch hier findet sich die traurigste Ar¬ 
muth neben dem glänzendsten Reichthum. Durch den großen Brand hat 
sich darin manches geändert; man baut wenigstens jetzt hellere und ge¬ 
sundere Wohnungen statt der alten wieder auf. Daß der Michaelsthurm 
zu Hamburg der höchste in Deutschland sein soll, indem er sich 456
	        
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