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Stimme. Man verhüte daher alles laute Schreien, wo¬
durch der nöthige Einklang und die liebliche Harmonie gestört
wird. Auch ein sanfter Gesang wird unsere Tempel herzan-
greifend erfüllen, sobald ec nur ein allgemeiner Gesang ist.
Dieß muß befolgt werden, wenn der Gesang nicht in eintö¬
niges Geschrei oder in eine abgeschmackte Leier ausarten solle,
wodurch er dann den Betenden freilich mehr zur drückenden
Last, als zur Ergreifung und Erhebung seiner Seele wird.
Singet daher nie blos, um zu singen, oder um dem Aus¬
druck des johlenden Muthwillens durch die Kehle den Weg
zu öffnen. Singet im Gefühle der Ehrfurcht, der Hingebung,
des Dankes rmd der Liebe gegen ton, vor dem wir die Stimme
erheben!
Zweite Abtheilung.
Pflichcenlehre oder eigentliche Sitten¬
lehre.
Pflichten gegen Gott.
1) Der Mensch soll sich stets bestreben, Gott immer
mehr kennen zu lernen; denn von ihm hängt unsere ganze
Glückseligkeit ab. Je mehr der Mensch Gott kennt, desto
besser und heiliger kann er werden. An Gottes Heiligkeit
leuchtet ihm das erhabenste Muster vor, nachdem er sich
richten kann; in Gottes Gerechtigkeit liegt der mächtigste
Antrieb, gut zu leben, wenn es ihn schwer ankommen sollte.
Wer Gott kennt, weiß, daß Gott in der Welt Alles zum
Besten der Menschen eingerichtet hat. Dieß beruhigt ihn bei
allen Vorfällen, die ihm begegnen. Würden die Menschen
Gott besser kennen, so würden sie in diesem Leben gewiß
auch tugendhafter seyn. Es ist daher auch Pflicht, daß sie
Gott kennen zu lernen trachten.
2) Wir sollen das, was uns Gott geoffenbaret hat,
fest glauben, d. l). wir sollen eS für wahr annehmen und
niemals daran zweifeln. Ec ist ja der Allwissende, der alles
helle und vollkommen einsieht; der Wahrhaftigste, der Nie¬
manden in Irrthum führt, uns über eine Sache belehrt. Es